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«Wandzeitung» vom 23.10.2017:

Märchen oder tiefere Wahrheit?

Winterthur hat keine Zeit!

Es gibt in der zeitlosen Tradition ein Bild. Das Bild des Drachens. Gemeint ist Drachenenergie. Die Menschen fanden diese Energie überall dort, wo sie glaubten Fortschritt zu finden. Oftmals waren sie so albern und pfählten diese Energie. Sie wollten die Drachenkraft auf ihren Landstücken so lange festhalten, seine Kraft zapfen, bis – was sie ignorierten – dem Drachen der Schnauf ausging.

Der Atomphysiker David Bohm beschreibt in seinem Buch "Die implizite Ordnung" den Rheomodus, ein Experiment mit Sprache und Denken. Dabei führt er den Leser aus seiner starren Weltanschauung, alles aus bester Ordnung, also im zerteilenden Schema von Subjekt, Prädikat und Objekt zu sehen. Er nennt dieses Weltbild "fragmentieren". Auch die fragmentierenden Denk-, Anschauungs- und Handlungsweisen unserer städtischen Regierungen haben offensichtlich in jedem Bereich menschlichen Lebens ihre Folgen. Es sieht so aus, als sei die Fragmentierung ironischerweise der einzige universelle Zug in der hiesigen Lebensweise, der alles uneingeschränkt und grenzenlos ergreift. Das kommt daher, weil die Wurzeln der Fragmentierung in Winterthur sehr tief reichen und alles durchdringen. Wir versuchen auf unserem Stadtboden zu teilen, was eins und unteilbar ist, und dies hat im nächsten Schritt zur Folge, dass unsere Obrigkeiten und die Stimmbürger versuchen gleichzusetzen, was verschieden ist. Deshalb ist es kein Zufall, wenn die fragmentierenden Denkweisen in unserer Stadt ein derart breites Spektrum von Krisen hervorbringt: soziale, ökonomische, ökologische, psychologische usw. Wer das, was verschieden ist und was nicht, durcheinanderbringt, bringt alles durcheinander.

So wollen wir uns allesamt an der Nase nehmen und untersuchen, was denn für Winterthur relevant ist. Relevare heisst bekanntlich "wieder aufnehmen"; wir wollen also deutlich hervorheben, was ins Relief von Winterthur passt. Passt der Inhalt, so ist er relevant; passt er nicht, ist er irrelevant. Wer entscheidet, ob eine Aussage und ihr Kontext, auf die sie sich bezieht, relevant oder irrelevant ist? Das Erkennen, ob eine Aussage relevant oder irrelevant ist, ist in erster Linie ein Wahrnehmungsvorgang von sehr hohem Rang, vergleichbar mit dem, der sie als wahr oder falsch erkennt. Die Frage nach der Relevanz der Drachenenergie in Winterthur geht gewissermassen der nach der Wahrheit voraus. Fragt man, ob Winterthur einen gepfählten und gezapften Drachen hütet und diese Aussage wahr oder falsch ist, so setzt man voraus, dass die Frage relevant ist – und dass der Versuch, eine irrelevante Aussage als wahr oder falsch zu erklären, eine Form von Verwirrung ist. In ihrem tieferen Sinn ist die Feststellung von Relevanz und Irrelevanz offenbar ein Aspekt der Wahrheitserkenntnis im umfassenden Sinn.

Wenn wir also nach der Relevanz fragen, ob Winterthur und seine Obrigkeit schläft, können wir auch nach der Relevanz fragen, ob der gefangene Drache in Winterthurs Boden einen Puls aufweist und bewegt. Tief drinnen, da will etwas Zeitloses heraus; eine Kraft, die tief in der Erde liegt. Sie bäumt sich auf. Wollen wir, die heutige Regierung, die Kraft befreien? Jetzt?


Heiner Dübi,
23.10.2017, 116. Jahrgang, Nr. 296.

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