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«Wandzeitung» vom 18.6.2017:

Alltägliches:

Wiederholungen.

Am Tag dieser Veröffentlichung ist es offiziell. Ich hab es noch einmal gewagt. Das zweite Mal im Leben JA zu sagen, 17 Jahre nach der letzten Scheidung war wohl überlegt. Da gab es keine rosa Brille. Ich habe auch gehadert. Unsere Beziehung ist zwar durch die Jahre gefestigt, aber wie überall gibt’s auch Probleme, die schwer zu lösen sind. Hab ich da die nötige Ausdauer? Ich war 12 Jahre wieder Single gewesen nach der Trennung. Das hatte durchaus seine Vorteile. Als Frau in unserem Land sind wir privilegiert, als allein erziehende Mutter war es zäh. Die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt erlebte ich als Spiessrutenlauf. Mit nicht linearem Lebenslauf bekommt man kaum eine Chance. Steht da einmal Putzkraft drin, hat man sowieso einen Stempel. Jedenfalls hab ich gekämpft bis heute. Die Ehe als Lösung?

Die Umstände hatten ergeben, dass ich die Möglichkeit bekam, ein Praktikum als FaBe in einer Kita zu machen. Ich habe da Höhen und Tiefen erlebt und bin an meine gesundheitlichen Grenzen gekommen. Im ersten Jahr wird man wieder mit allerhand Krankheitserregern konfrontiert, die mich sogar umgehauen haben. Nach Abschluss dieser Lehrzeit hatte man mir eine Ausbildung angeboten.

Ich habe gemerkt, dass ich das mit fast 50 Jahren nicht mehr schaffe. Weder emotional noch kräfte-technisch. Die Erfahrungen, die ich sammeln konnte, möchte ich indessen nicht missen. Bei keinem Arbeitgeber habe ich so viel Anerkennung und Sympathie erfahren! Trotzdem bin ich für diesen Beruf nicht geschaffen und ziehe meinen Hut. Aber was nun? Ich hatte davor schon mit dem RAV gut sieben Monate lang um eine vernünftige Arbeitsstelle gekämpft. Ich gebe es zu, inzwischen bin ich ausgelaugt.

Mein Partner, inzwischen mein Göttergatte, hatte diese Entwicklung mit Sorge beobachtet. Er hat mich gepflegt und gehätschelt, meine Hand gehalten, mich immer wieder motiviert. Und dann die Handbremse gezogen. Er schlug vor, mich zu heiraten. Und zwar in Kombi mit der Möglichkeit künftig zu Hause zu bleiben. Die Frauenrechtler werden aufbrausen, aber für mich ist es eine Chance aufzuschnaufen. Weil auf der faulen Haut liegen ist bei mir nicht. Jede Mutter, die ein behindertes Kind hat, wird mir beipflichten, der Rucksack ist gross.

Auch wenn er die Volljährigkeit längst überschritten hat. Und in unserem Haushalt hat jeder so seine Probleme. Wenn ich nun also die Kompetenz habe, dies alles in Vollzeit zu managen, geht es mir bedeutend besser. Und ich habe Luft mich endlich um meine musische Seite zu kümmern. Ich möchte mich beim Malen weiterentwickeln und endlich an meinem Roman weiterarbeiten.

Ich habe es schon einmal getan und geheiratet. Muss sich alles wiederholen? Es ist eine neue Geschichte und viel Liebe drin. Ob der Schritt richtig war? Die wenigen Eingeweihten waren im Zwiespalt. Bei näherer Betrachtung sahen sie aber alle einen Sinn. Einige deuteten es als Hoffnung in dieser grauen Zeit von Unsicherheit und Leid in der Welt. Es gibt keinen falschen Weg. Es ist mein, resp. unser Weg. Wohin er führt, ist ungewiss, aber er ist voller Zuversicht.

 


Momo Appenzeller,
18.6.2017, 116. Jahrgang, Nr. 169.

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