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«Wandzeitung» vom 2.8.2017:

Alltägliches:

Abschied mit einer Träne.

Der Abschied ist das Tor zu neuen Welten. Das hab ich einmal gelesen. Und während ich diese Zeilen schreibe, ist mir das Herz schwerer als gedacht. Der letzte Tag meines Praktikums in der Grossbetriebs-Kita liegt nun also hinter mir. Und die erwartete Erleichterung stellt sich noch nicht ein. Ich bin voller Trauer. Seltsam, nicht wahr? Denn, dass es mir zu chaotisch und zu hektisch ist, in dem ganzen Gefüge, habe ich bald gemerkt. Trotzdem habe ich mich darauf eingelassen und alles gegeben. Als erfahrene Mutter von zwei erwachsenen Jungs mit erschwerter Entwicklung habe ich mich auf der untersten Stufe der Befehlskette in einer zertifizierten Kita anstellen lassen. Ich habe X-Aufträge entgegen genommen und diese nach bestem Wissen und Gewissen ausgeführt. Das war zuweilen anstrengend, da ich gewohnt bin, selbstständig zu arbeiten. Schliesslich war ich 12 Jahre lang alleinerziehende Familienmanagerin gewesen. So veraltet war meine Erziehungsarbeit nun auch wieder nicht. Von den fähigen Gruppenleiterinnen wurde mir doch ein gewisser Spielraum gelassen. Auch wurde auf mein «Alter» und bestimmte «Gebrechen» grosszügig Rücksicht genommen, sofern dies möglich war. Das rechne ich ihnen hoch an und habe dies mit Fleiss und Einsatz honoriert. Ich durfte ein sensationell gutes Arbeitszeugnis heimtragen, worauf ich nun doch ein bisschen stolz bin. Ich hatte «Dauer-Hühnerhaut» beim Durchlesen.

Die Arbeit in einem Grosshaushalt mit vier Betreuungsgruppen ist sehr aufreibend. Täglich muss wegen Mitarbeiter-Krankheiten umorganisiert werden. Neben dem Kerngeschäft der Beaufsichtigung von Kindern ab Säuglingsalter bis zum Kindergarten-Eintritt, müssen sämtliche Aufgaben, die sonst noch anfallen, erledigt werden. Dazu zählen sämtliche Putzarbeiten, Wäsche machen, Essen aufwärmen und verteilen, beim Abwasch mithelfen und die Abfallentsorgung. Damit alles möglichst reibungslos funktioniert, ist ein wertschätzender Umgang untereinander und hohe Flexibilität gefragt. Ich habe rasch gemerkt, dass es mir nicht gut tut, von einer Gruppe zur nächsten «weitergereicht» zu werden. Auch waren mir drei Arbeitstage zu viel. Ich konnte auf zwei Tage reduzieren und wurde der Baby-Gruppe fest zugeteilt. Das war mein höchstes Glück. Da konnte ich meine Erfahrungen voll einbringen und wurde sehr geschätzt. Es war wunderbar, die kleinen «Chäferlis» über acht Monate hin zu begleiten und habe ihre Entwicklung mit dankbarem Staunen mitverfolgt. Fortschritte habe ich mit Freude den stolzen Eltern mitgeteilt, und wenn möglich mit Foto dokumentiert.

Dass viele Kinder in der Kita gross werden müssen, weil die Eltern arbeiten wollen oder müssen, hat mich schon schwer getroffen. Gerade weil ich weiss, wie viel in den ersten vier Lebensjahren passiert und was man als Eltern gern verpasst. Mit Freude durfte ich also daran teil haben und diesen Punkt werde ich sehr vermissen. Obwohl man professionell Nähe und Distanz praktizieren muss, wachsen einem die Kleinen ans Herz, sobald sie einem ihre Zuneigung entgegenbringen. Was mich ebenso bereichert hat, ist der tolle Kontakt zwischen den Mitarbeitern, die liebevollen Geschenke zum Abschied. Vielen Dank.


Momo Appenzeller,
2.8.2017, 116. Jahrgang, Nr. 214.

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