Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 1.8.2014:

Ebbe und Flut:

Grüsse von der Nordsee.

Von Ebbe und Flut zu sprechen, birgt in Winterthur die Gefahr, dass man an Finanzen und die Stadtkasse denkt. Falsch. Sommerferien sind der Grund dafür. Erlauben Sie mir, dass ich für einmal den Versuch unternehme, nicht zu politisieren.

Nach einigen Jahren in den Süden zog es meine Familie und mich in diesen Sommerferien für einmal in den Norden. Die niedersächsische Region Cuxhaven war das Ziel. Eingepackt haben wir – richtig – Windjacken und Pullover, um sie ungetragen zuhause wieder auszupacken. Denn Regen erlebten wir nur kurz am Anfang und am Schluss unserer zweiwöchigen Ferien. Ansonsten verwöhnte uns die Sonne, die Temperaturen stiegen mehrfach auf zirka 30 Grad und das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer mit seiner Vielfalt an Tieren und Pflanzen und dem Phänomen Ebbe und Flut waren Garanten für spannende Ferientage.

Ebbe und Flut, ein Naturspektakel, das uns Menschen ziemlich klein erscheinen lässt. Während sechs Stunden und zwölf Minuten zieht sich das Wasser wie von Geisterhand vom Strand zurück, bis es während weiteren sechs Stunden und zwölf Minuten wieder zurückfindet. Der Unterschied des Meeresspiegels, Tidenhub, beträgt an der Nordseeküste bis zu dreieinhalb Meter. Seit Jahrtausenden lassen Anziehungs- und Fliehkraft von Mond und Erde die Wassermassen schaukeln.

Menschen und Tiere haben gelernt, mit Ebbe und Flut zu leben. Wattwürmer und Strandkrabben graben sich bei Ebbe einfach in den weichen Boden ein. Seehunde und Möwen nutzen die freigelegten Sand- und Muschelbänke als Aufenthaltsorte. Die Kapitäne der Krabbenkutter kennen die Gezeiten und diesen Rhythmus. Wenn sie dennoch die Rückkehr in den Hafen verpassen, so warten sie auf dem weiten Meer, bis die nächste Flut eine Heimkehr zulässt. Dies bedarf einer gehörigen Portion Gelassenheit und Respekt vor der Natur. Keine Hektik, kein böses Wort, mal ein kräftiger Spruch, aber alles mit viel trockenem Humor. Das sind die Friesen. Dennoch liefert man sich nicht einfach der Natur aus. Grosse kilometerlange Deiche schützen die Dörfer und die fruchtbaren Landschaften. Zahlreiche Leuchttürme bereichern die Küste und sichern die Schifffahrt.

Und wo möglich, da nutzt man diese Naturgewalten: Ansammlungen von zwanzig, dreissig und mehr einzelnen Windenergieanlagen in der flachen Landschaft oder auf dem offenen Meer, eigentliche Windparks. Riesige Kolosse, fast so hoch wie AKW-Kühltürme, aber einiges schlanker. Elegant, ruhig und regelmässig drehen die Rotoren und wandeln Windenergie in elektrische Energie um. Diese Windräder lassen das Ziel einer «sauberen» Energieversorgung in greifbare Nähe rücken. Und siehe da, sie stören nicht.

Natürlich habe ich mich während meinen Ferien regelmässig über die Situation in Winterthur informiert. Themen wie «Ärger über Parkgebühren» oder «bunte Hausfassaden» wurden von der Flut aber einfach weggespült.

 

  


Michael Künzle,
1.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 57.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.