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«Wandzeitung» vom 9.2.2018:

EIN SATZ:

Weiss nicht.

Wissen ist Macht, nicht wissen macht auch nichts. UNBEKANNT.

Von 49 antwortenden Parlamentsmitgliedern der kleinen, beinahe grossen Stadt, die wir alle gut kennen, haben 40.8 % «weiss nicht» angekreuzt, als sie gefragt wurden: «Ist die Verquickung von Freikirchen, Verwaltung und Politik in Winterthur aus Ihrer Sicht zu stark?»

Schreien Sie nun nicht «Skandal, mehrere Ausrufezeichen» und «Die da oben wissen nicht, was Sache ist» oder «Die tun eh, was sie wollen»! Es sei Ihnen, liebe Lesende an der Wand, nämlich ins Stammbuch geschrieben, dass 40.8 % von 49 nur 19.99 Personen sind. Es ist – im Zweifel für die Angeklagten – davon auszugehen, dass von den 60 Gewählten folglich 40.01 Personen nicht nicht wissen. Das sind immerhin zwei Drittel!

Somit ist nach dem Prinzip, dass die Repräsentanten ein Abbild der Bevölkerung darstellen sollen und bei dieser schätzungsweise sehr viele wenig bis nichts wissen oder wissen wollen, eher von einer Überrepräsentation des Wissens auszugehen. Das ist unter dem Gesichtspunkt des Abbilds natürlich ungünstig. Die gewählten Eliten sollten fähigkeitsmässig nicht zu sehr über ihren Wahlkörper herausragen. Sonst besteht ein seit dem Mittelalter historisch belegtes Bedürfnis, eine Nivellierung zu erzielen, indem man sie beispielsweise einen Kopf kürzer macht. Und stellen Sie sich vor, die Gewählten nähmen sich aufgrund von Hintergrund, Erfahrung oder was auch immer heraus, Entscheide zu fällen, welche die kleine, beinahe grosse Stadt, die wir alle gut kennen, voranbringen. Das geht schon mal gar nicht. Dann wäre ja kein Platz mehr für das Opferjammern der grossen, armen, alten, asylsuchenden Stadt. Weder ein Triple-A von Standard and Poor’s noch eins von Poor’s and Poor’s.

Dass man auf die Frage nach der eigenen Sicht mit Nichtwissen antwortet, dürfte auf die sprichwörtliche Bescheidenheit der hiesigen Eliten zurückzuführen sein, die – analog zum ideologischen Schlagabtausch über die Parteigrenzen hinweg – keine eigene Meinung beanspruchen.

Auch unter machtpolitischem Aspekt darf Entwarnung gegeben werden. Besteht doch die Gefahr, dass sich Macht und Einfluss bei der sogenannten Classe Politique überproportional akkumulieren, während der Rest der Bevölkerung in Bedeutungslosigkeit versunken bleibt und nicht einmal den Hauch einer Chance hat, zu Macht und Ruhm zu gelangen. Das im hiesigen Parlament vorhandene Nichtwissen ist eine Art natürliche Gewaltenteilung aus intellektueller Beschränkung. Je weniger der Rat weiss, desto weniger kann er seine Macht missbrauchen. Er produziert dann nur die übliche Menge an Fehlentscheiden, was mit dem Freikirchen- bzw. Bibelthema konform geht: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.» (LUKAS 23, 34).

Aber wahrscheinlich suchen wir viel zu weit: Vielleicht hats dem einen oder der andern ganz einfach schrecklich pressiert, schliesslich stand neben der Umfrageantwort auch noch die Abgabe der Wahllisten vor der Tür.


Adrian Ramsauer,
9.2.2018, 117. Jahrgang, Nr. 40.

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