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Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
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«Wandzeitung» vom 21.4.2018:

Zeitung um Zeitung verschwand jüngst ohne Gebührengelder aus der Medienszene:

Gebührengelder für alle Medien!

Wenn ich daran denke, dass das Winterthurer «Stadtblatt» einfach so aus der Medienlandschaft Schweiz verschwand, weil eine innige Gemeinschaft von leidenschaftlichen Verlegern kleiner und mittlerer Auflagen das nötige Geld nicht mehr erwirtschaften konnten, packt mich noch immer ein energisches Wütchen, gerne auch eine veritable Wut. Zumal es sich die Verlegerinnen und Herausgeber grösserer Titel gut gehen liessen. Das grosse Engagement von uns Piccolos führte lediglich zum Ziel, dass Lokal- und Regionalzeitungen praktisch aus der ehemals blühenden Medienschweiz verschwanden. Man nannte das in zartem Mediendeutsch: Die Presselandschaft Schweiz befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel.

Fakt ist, dass 1939 landesweit noch über 500 gedruckte Titel täglich in den Wohnungen lesefreudig orientierter Bildungsmenschen landeten. Mittlerweile sind es lediglich noch 360 Blätter. Böse Zungen beziehungsweise moderne Lesende, wie die kompetente Winterthurer Medienpädagogin Eveline Fankhauser, die womöglich trotz ihrer Todessehnsucht für Printprodukte einen guten Job macht, und vielleicht das Flimmern der Lesegeräte revolutioniert beziehungsweise entblendet.

Was gibt es denn Lebensfreudigeres, als frühmorgens frisch geduscht, eingeölt, gekämmt und frisch gekleidet, in der Beiz um die Ecke einen Espresso oder auch drei Espressi ... zu trinken, und hierbei die frisch gedruckten Zeitungen zu lesen? Dass jetzt die Winterthurer Medienpädagogin Eyelin Fankhauser eine der früh bewegten Leserinnen ist, die das Tablet dem Papier vorzieht, das muss für jedes Individuum möglich sein. Aber: Wenn dereinst kein knisterndes Papier mehr da ist, dass wir Menschen anfassen können, ab dem wir leidenschaflichen Leserinnen und Leseratten schon früh morgens die gedruckten Gedanken kluger Köpfe aufnehmen, dann ist das ein überaus gewaltiger Verlust von Sinnlichkeit. Ein Kaffee zur Zeitung ist so viel mehr Lebensqualität, als ein Gaffen in eine stromgeladene Flimmerbox, mit der Elektroausstrahlung auf unsere Grinden und Innereien, schon frühmorgens.

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, ob Ihnen das bedruckte Papier eine gewisse Sinnlichkeit vermittelt, weil Sie das intellektuelle Geschreibe auch Papieren vermittelt bekommen – und dies auch anfassen können, oder ob sie die geschriebenen Worte mit elektronischen Stromstrahlen ins Auge geschossen bekommen.

Endlich entsteht nun eine ernsthafte Diskussion über Gebührengelder für Zeitungen. Das Bakom engagiert sich für ein neues Mediengesetz. Schon im Juni soll der Bundesrat einen Entwurf präsentieren – nur drei Monate nach der No-Billag-Initiative. Würde die Initiative angenommen, wäre das Mediengesetz überflüssig. Es baut darauf, dass die Gebührengelder von jährlich etwa 1,25 Milliarden Franken weiterhin fliessen.

Als Herausgeber der «Wandzeitung» – der kleinsten Zeitung der Schweiz – geben wir rund vierzig Schreibenden täglich einen völlig autonomen wie taktvollen und kreativen Text heraus. Freilich hoffe ich sehr, dass dereinst mehr Geld in die Kasse gespühlt wird, und wir wieder eine Wochenzeitung produzieren können. Wenn es mal wieder so ist, herrscht Freude.


Guido Blumer,
21.4.2018, 117. Jahrgang, Nr. 111.

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