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«Wandzeitung» vom 11.9.2014:

70 Jahre Frieden in Europa:

Eine Friedenslinde - auch in Winterthur.

Wenn wir in der Schweiz an den 2. Weltkrieg denken, tauchen Begriffe wie Wehrwille, Reduit und Neutralität auf. «Wir» haben den Krieg überstanden, wurden verschont, konnten uns behaupten. Was überall sonst in Europa nach Katastrophe, Völkermord, Schmerz, Trauer und Niederlage tönt, hat bei uns den Klang von Sonder- oder sogar Glücksfall.

Nächstes Jahr jährt sich am 8. Mai das Kriegsende zum 70. Mal. Ganz Europa wird diesen denkwürdigen Tag mit Feierlichkeiten begehen. Die Schweiz sollte sich an diesen Feierlichkeiten auch beteiligen. Zum Beispiel, indem in vielen Orten eine Friedenslinde gepflanzt wird – auch in Winterthur.

Der 8. Mai 1945 ist der Beginn der längsten Friedensperiode unseres Kontinents. Nie in der Vergangenheit konnte ein Mensch in Europa in Friedenszeiten zur Welt kommen und ohne Kriegserfahrung alt werden. Nie zuvor gab es in Europa Mütter, die keine Angst davor haben mussten, dass ihr Söhne gegen ein anderes europäisches Land in den Krieg ziehen könnten. Die 70-jährige Friedensperiode ist der Grundstein unseres Wohlstandes. Erst der lange Frieden machte den wirtschaftlichen, technologischen, sozialen und kulturellen Fortschritt möglich.

Der Friede ist jedoch in Europa nicht vom Himmel gefallen. Er ist die Folge der grössten Tragödie der Menschheitsgeschichte, der beiden Weltkriege des letzten Jahrhunderts. Keine neuen Grenzen und Zäune aufzubauen, sondern solche niederzureissen, hiess die Devise. Handelsverträge, Investitionshilfen, Wiederaufbau und Diskussionsforen traten an die Stelle von Kriegsrhetorik und Volksverhetzung. Aus den ersten Wirtschaftsbeziehungen entstanden Schritt für Schritt die Europäische Gemeinschaft und die Europäische Union. Die Länder Europas waren bereit, für den Frieden auf einen Teil ihres Eigennutzes und ihrer Souveränität zu verzichten.

Dieter Freiburghaus, Professor für europäische Studien, hat im lesenswerten Gastartikel «Der neue Nationalismus» in der NZZ vom 30. Juli 2014 geschrieben: «Dieser Integrationsprozess war und ist äusserst beschwerlich, die Union hat Mängel und Fehler wie alle menschlichen Einrichtungen. Sie ist (noch) nicht wirklich demokratisch, sie beschäftigt übereifrige Bürokraten, sie verfügt noch über keine geeignete Aufgabenteilung mit ihren Mitgliedstaaten, und der Euro hat mehr zentrifugale, denn einigende Kräfte freigesetzt. Ihr grösstes Problem jedoch besteht darin, dass nationale Politiker jeder Couleur Brüssel alles in die Schuhe schieben, was sie nicht selber verantworten wollen. So entstehen Zerrbilder und wohlfeile Polemik, welche den Nährboden für Nationalismus und Extremismus abgeben. Sollte auch dieser Versuch, wenigstens in Europa eine gute Ordnung aufzubauen, scheitern, dann wird guter Rat sehr teuer werden. Auch für Nichtmitglieder.»

Ein solches ist die Schweiz. Ob sie je der EU beitreten wird, wird das Volk entscheiden. Den Frieden hat uns die EU vorläufig geschenkt. Zumindest dieses Geschenk sollten wir ehren. Wieso nicht mit einer Friedenslinde?


Jacqueline Fehr,
11.9.2014, 113. Jahrgang, Nr. 98.

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Standpunkte:

15.9.2014, 11:14 Uhr.

Matthias Erzinger schrieb:

Vielleicht auf dem Katharina Sulzer Platz?


12.9.2014, 10:39 Uhr.

Ruth Huber schrieb:

Und wenn die Stadt kein Geld dafür haben sollte, müsste sie nur einen geeigneten Platz oder wenigstens ein Plätzli zur Verfügung stellen. Das Geld für die Linde und das Pflanzen käme sicher in einer privaten Sammlung zusammen.


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