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«Wandzeitung» vom 15.12.2014:

Ein Blick zurück, in die Gegenwart und nach vorne:

Ich will ein Winterthur, das lebt.

Das Jahr 2014 neigt sich dem Ende zu – und damit auch der 750. Geburtstag der Stadt Winterthur. Zeit, zurück und nach vorne zu schauen. Zwar besitzt Winterthur seit 750 Jahren das Stadtrecht, doch es war die Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, die die Geschichte Winterthurs prägte. Damals stand ein kleines, reiches Unternehmertum, das die politische Landschaft prägte, einem Proletariat gegenüber, das nur wenige politische und wirtschaftliche Rechte kannte. Die Unternehmen wussten, wie sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Stange hielten – mit Arbeitersiedlungen und firmeneigenen Lehrwerkstätten. Winterthur florierte und die Bevölkerung stieg bis 1972 auf 95 000 Einwohnerinnen und Einwohner an. Doch mit der Ölkrise in den 70er-Jahren kamen die Vorboten der neoliberalen Ära: Auslagerungen und Massenentlassungen führten zu Arbeitslosigkeit. Grau, eintönig und mit einer Polizeistunde um 23 Uhr bot Winterthur wenig Leben.

Die Maschinen sind heute zwar verstummt, das Erbe ist aber nach wie vor spürbar. Mit politischem Mut wurde aus den Bildern der Vergangenheit eine Gegenwart gezeichnet. Winterthur blühte auf – nicht nur als Gartenstadt, sondern auch in kultureller Hinsicht. In ehemaligen Fabrikgebäuden wurde getanzt, auf Industriebrachen entstand ein Miteinander von Wohnen, Kultur, Arbeit und Sein. Winterthur wurde zur kleinsten Grossstadt der Schweiz – zwar ohne See, dafür mit Selbstbewusstsein. Die Menschen zogen nicht mehr weg, sondern hin.

Diese Geschwindigkeit und Veränderungen weckten Ängste, die heute Überhand zu nehmen scheinen und Rückschritte fordern. Was sich in den 70er-Jahren mit Massenentlassungen ankündigte, versucht die neue bürgerliche Mehrheit heute ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen. Mit der angekündigten Privatisierung der Stadtgärtnerei oder der Alterszentren soll die öffentliche Hand dem freien Markt weichen; eine städtische Kultur, die auch mal provozieren darf, soll zugunsten von Biederkeit und dörflicher Idylle geopfert werden; anstatt Menschen, die ihr Quartier beleben, sollen Autos und Strassen unser Stadtbild prägen. Winterthur droht unter der Last der Sparwut zu ersticken. Und damit auch die Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte zu verlieren.

Das aber kann und soll nicht die Zukunft Winterthurs sein. Ich will ein Winterthur, das lebt, ein Winterthur, das Träume hat. In dem die Menschen Mut und Freude daran haben, Pläne zu schmieden und umzusetzen. Ein Winterthur, in dem sich die Menschen auf der Strasse begegnen, die Kinder spielen und die Ausgehfreudigen spätnachts heimlaufen. Ein Winterthur, das nicht nur seinen Grünflächen und Industriezeugen Sorge trägt, sondern insbesondere auch seinen Schwächsten. Ein Winterthur, das Stadt und nicht Provinz ist.


Mattea Meyer,
15.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 193.

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Standpunkte:

20.12.2014, 11:14 Uhr.

Pierre-François Bocion schrieb:

Schade, dass Winterthur seit dem Frühjahr 2012 – Wahlen – für einen bestimmten Personenkreis – negative Bürgerinnen und Bürger – nicht mehr lebt. Das städtische Kulturprogramm für das Jahr 2015 eröffnet eine andere Perspektive – eine vitale Stadt.


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