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«Wandzeitung» vom 14.9.2014:

Die Sozialhilfe muss immer mehr Probleme lösen:

Es braucht eine Gesamtbetrachtung.

Der Kennzahlenvergleich der Schweizer Städte zeigt: Die durchschnittliche Bezugsdauer von Sozialhilfe hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Immer mehr Leute beziehen immer länger Sozialhilfe. Ein Langzeitvergleich zeigt, dass sich das Umfeld der Sozialhilfe stark verändert hat: Sowohl die Revisionen bei ALV und IV wie auch der Strukturwandel der Wirtschaft und gesellschaftliche Trends haben Einfluss auf die Sozialhilfezahlen. Es braucht jetzt eine Gesamtbetrachtung der sozialen Sicherheit und der Rolle der Sozialhilfe, wie es das Parlament mit dem Rahmengesetz Sozialhilfe fordert. Und auf kantonaler Ebene braucht es dringend eine fairere und gerechtere Verteilung der Lasten zwischen den Gemeinden.

Es gelingt zwar der Sozialhilfe nach wie vor, einen Drittel aller Fälle innert eines Jahres abzulösen. Je länger jemand aber in der Sozialhilfe verweilt, desto schwieriger ist es, wieder herauszukommen. Und desto höher ist die Belastung für Kantone und Gemeinden. Die Sozialhilfe als letztes Netz in der sozialen Sicherung funktioniert zwar. Aber sie muss immer mehr Probleme lösen. Zwar betragen die Ausgaben für die Sozialhilfe lediglich rund zwei Prozent der gesamten Sozialausgaben in der Schweiz. Die Sozialhilfe ist aber, wie auch die anderen bedarfsabhängigen Sozialleistungen, steuerfinanziert. Kantone und Gemeinden tragen einen grossen Anteil, können diesen aber praktisch nicht beeinflussen und sind unterschiedlich betroffen.

Die Faktoren, die zu einem Sozialhilferisiko beitragen, sind vielfältig: Die Grösse eines Gemeinwesens spielt ebenso eine Rolle wie Zentrumsfunktion einer Stadt. Das Bevölkerungswachstum, die geografische Lage oder die Sprachregion sind Risikofaktoren, ebenso die Wohnsituation. Und natürlich auch die Bevölkerungsstruktur: Ein hoher Familienanteil oder ein Anteil von schlecht ausgebildeten Personen korrelieren mit der Sozialhilfequote. Das führt dazu, dass die Belastungen von Städten und Gemeinden ganz unterschiedlich sind. So gibt es Gemeinden im Kanton Zürich, die für die soziale Wohlfahrt jeden zweiten Franken aus ihrem Steuerertrag ausgeben. Bei anderen Gemeinden beträgt dieser Wert weniger als fünf Prozent. Und der Trend geht eher auseinander. Mit verheerenden Folgen.

Viele Städte und Gemeinden sind zu massiven Sparprogrammen gezwungen – die letztlich aber die Steigerung der nicht beeinflussbaren Kosten im Bereich der sozialen Wohlfahrt auf Dauer nicht kompensieren können. Eine gewisse Ohnmacht macht sich breit. In dieser Verzweiflung ist die Versuchung gross, ähnlich wie wir es von den Krankenkassen her kennen, sich für «schlechte Risiken» unattraktiv zu machen. Oder diese gar abzuschieben. In der Gesamtrechnung ist dies ein Nullsummenspiel. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, den sozialen Frieden und die Solidarität zwischen den Gemeinden ist dies aber verheerend.

Es braucht jetzt eine Gesamtbetrachtung und eine verbindliche gesetzliche Regelung auf Bundesebene, wie es mit dem Rahmengesetz Sozialhilfe angedacht ist. Und in einzelnen Kantonen dringend eine fairere und gerechtere Verteilung der Soziallasten zwischen den Gemeinden.


Nicolas Galladé,
14.9.2014, 113. Jahrgang, Nr. 101.

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