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«Wandzeitung» vom 29.10.2014:

Alltägliches:

Serienjunkie.

Sehen Sie fern? Ich meine so, dass Sie intensiv eine Serie verfolgen? Anstatt, dass ich wie andere in meinem Alter meine Muskeln im Fitnessstudio stähle oder Kilometer durch Stadt und Land laufe, sitze ich meinen Hintern platt und entspanne mich am Fernseher. Angefangen hat alles im Teenie-Alter, als ein Pseudopaar auf der Suche nach der Wahrheit und nach Ausserirdischen war. Damals war es noch so, dass man nach einer Folge eine Woche lang ausharren musste, bis es weiterging.

Heute ist das einfacher. Via Auktionshaus habe ich schon etliche Serien-Boxen nach Hause geholt. Nun kann ich mir die reinziehen, wann immer mir danach ist. Am liebsten zusammen mit dem Liebsten vor dem Einschlafen. Als ich alleine lebte, waren die Mitglieder einer Militärpolizeieinheit richtige Familienmitglieder geworden und ich lachte und weinte mit ihnen. Sie haben eine Adresse von einem kompetenten Psychologen? Besten Dank, kein Bedarf, ich habe den Boden unter den Füssen trotzdem nie verloren. Auch Actionfilme mit mehreren Teilen haben es mir angetan. Zum Beispiel die politisch motivierten mit Echtzeitfeeling. Und da war doch dieser schöne Mann, der wie ein Henker fuhr. Dass er im echten Leben im Auto zu Tode gekommen ist, ging mir besonders nahe. Der Glatzköpfige kann auch gut fahren und gut kämpfen. Nein, ich meine den Dünnen!

Immer habe ich eine Vorliebe für ganz skurrile Charaktere in den Hauptrollen. Ihre persönliche Geschichte verfolge ich immer mit besonderer Aufmerksamkeit. Die Dame, welche sich aufs Kochen spezialisiert hat, mag ich allerdings schon vom Aussehen her nicht, da bin ich im Moment ganz oberflächlich. Dafür lieb ich alle Mitglieder der Bestatter-Familie. Anhand meiner Faszination für das Aufspüren von Serienkillern und für die Abgründe der menschlichen Psyche ging ich mit einer Gruppe von US-Ermittlern auf die Reise.

Die spektakulären Ausbrüche aus dem Knast sorgten für anhaltende Spannung, die Verlorenen auf der Insel ebenso. Und dann brach eine Seuche aus und Menschen wurden zu Zombies. Ungeduldig hechle ich nach einer Quelle für weitere Folgen. Interessant ist der Fortschritt der Technik, wie die Spezialeffekte sich verbessert haben in den letzten dreissig Jahren und wie die Hintergrundmusik sich gewandelt hat. Enttäuscht bin ich, wenn zu sehr mit Klischees gearbeitet wird und das Kommende vorsehbar ist. Oder die verzweifelten Versuche von Drehbuchautoren, wenn ihnen allmählich der Stoff ausgeht. Beim Blut-Forensiker zum Beispiel, der nachts Serienmörder killte, hätte man besser schon vorher Schluss gemacht.

Momentan schauen wir zu, wie ein krebskranker Lehrer Meth kocht. Er will für seine Familie Geld beschaffen. Da werden die Folgen daraus gnadenlos gezeigt, aber auch ein Weg hinaus. Das bringt dann Seelenfrieden. Wenn Sie sich weiter um meine Gesundheit sorgen, gebe ich Entwarnung. Ich gehöre zum Glück nicht zu den Typen, die TV-Konsum mit Fressorgien verbinden. Ich hänge einfach mit Augen und Ohren am Schirm. Zur Abwechslung besuche ich nun mutierte Schildkröten im Kino. Manchmal muss man auch Schattenspringen üben für seine realen Liebsten.


Momo Appenzeller,
29.10.2014, 113. Jahrgang, Nr. 146.

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Standpunkte:

3.11.2014, 14:43 Uhr.

Momo Appenzeller schrieb:

Korrigenda: "Die Dame, die sich AUF KNOCHEN spezialisiert hat..."


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