Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 2.1.2015:

Liebesbriefe:

A.

Man darf nicht klassifizieren, aber A ist ganz nah bei meinem Herzen angesiedelt. Vielleicht weil wir uns so selten sehen und sie mir unendlich wichtig ist. Jahre weise hat sie immer wieder am Comersee gelebt und ist nun hoffentlich angekommen – im Tessin. Dazwischen wohnte sie in Winterthur. Unsere Grossen liegen altersmässig nur mal drei Monate auseinander. Wir haben zusammen unsere Kinderwagen durch die Natur geschoben. Es gibt vieles, was uns verbindet, wir haben viel geteilt, auch Tränenzeiten, lustige und andere. Zu jeder Zeit steht sie voll und ganz hinter mir. Unsere Schwesternliebe ist gegenseitig.

Als sie mich zum ersten Mal besuchte, hing mein Brautkleid an der Tür. Ich musste es vorführen. Wir lachten zusammen und teilten dieselben Sorgen. Ihr Mädchen war eine ganz Wilde und mein Sohn ein ADHS, der sich nur schwer entwickelte. Ganz rührend war die Szene, als ihr kleines, zartes Töchterchen meinem bulligen Sohn ihren Schoppen in den Mund stopfte und ihn fütterte. Die beiden liebten sich heiss und pflegten trotz der Trennung lange eine schöne Freundschaft. Für mich ist sie immer noch wie eine Tochter. Später besuchte ich die beiden mit meinen Kindern gern in Norditalien. Ihre Familie hat uns ebenfalls in ihr Herz geschlossen.

A scheut keinen Weg, um zu mir zu kommen, wenn sie abschalten will. Leider vergehen die Stunden viel zu schnell. In Windeseile wollen wir uns gegenseitig auf den neusten Stand bringen. Ihr Leben ist ausgefüllt und von Problemen begleitet. Oft schon haben wir uns gegenseitig Trost gespendet. Wenn wir uns sehen, geht es einfach nahtlos dort weiter, wo wir das letzte Mal aufgehört haben. Wir machen kleine Shoppingtouren oder fläzen quasselnd auf dem Sofa. Sie verwöhnt mich oft mit liebevollen Botschaften, die per Post angeflattert kommen. Zum 35. Geburi überraschte sie mich mit ein paar Tagen in Venedig. Wir fühlen uns da pudelwohl. Eine unvergessliche Zeit, ich bin ihr unendlich dankbar dafür und für alles andere auch.

In der Zeit, als ich noch die Nächte durchtanzte, hat sie mich oft begleitet. Einmal habe ich aus Spass mit ihr in unserem Estrich oben übernachtet. Nur sie und ich wissen, was für Blödsinn ich damals geredet habe, absolut alkoholfrei. Sie gehört zu der Gruppe in meinem Bekanntenkreis, die nichts mit warmem Käse anfangen kann. Und trotz südlicher Herkunft keinen Tomaten-Mozzarella-Salat mag. Sie hat Augen wie 1000 Sterne und eine sonnige Ausstrahlung. Ihre gewinnende Art macht sie sehr beliebt, vor allem, weil sie so ein bescheidener, bodenständiger Mensch ist. Wirklich an sich ran lässt sie aber nur wenige. Sie hatte bestimmt schon an die zehn Berufe. Wenn sich jemand daneben benimmt, ist er unten durch, da ist sie konsequent. Ich erinnere mich nicht, dass wir einmal gestritten hätten. Jede von uns hat ihren eigenen Lebensstil, aber unsere Herzfrequenz ist dieselbe.


Momo Appenzeller,
2.1.2015, 114. Jahrgang, Nr. 2.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.