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«Wandzeitung» vom 21.1.2015:

Der Fritz vom Lindenplatz rotzt widerlicherweise frei im öffentlichen Raum rum:

Die bittere Rache des Choderengels.

Er muss altersmässig ein Fritz sein, ein Ernst, vielleicht auch ein Hans, der Typ, der unterm Dach der Busstation Lindenplatz seine chodermässige Schleimspur legt. Der schleicht rum und streicht um die metallenen Säulen, wirft alle paar Meter seinen zähen Rotz aus und kümmert sich einen Dreck darum, wo zu unguter Letzt das widerliche Zeugs klebt. (Bei diesem Märchen ist bloss das Herrliche voll gelogen und das Abstruse leider einigermassen wahr.)

Zur Erleichterung all der Umstehenden trifft der unappetitliche Kerl indes nur den Asphalt, zum Entsetzen des angespannten Völkleins dann aber jählings den befussten Schuh einer Dame in den Sechzigern, die den Stadtbus erwartet und auf den absonderlichen Auswurf am Treter verständlicherweise ansehnlich angewidert reagiert. «Das ist doch zum Kotzen», entfährt es ihrem im Übrigen voll gezügelt wirkenden edlen Mund. «Das mache ich ja!», murrt der Kuriosling und spuckt grauslich weiter. Die Beschmierte schaut augenblicklich ekelerregt in die Runde der irritierten Gesichter und guckt derart voll Abscheu auf ihren besudelten Pumps, dass so ein 25-jähriger Gutmensch eilens ein sauberes Tempo-Taschentuch aus seiner Mappe klaubt und ihr höflich wie verlegen entgegenstreckt. Sie dankt ihm ziemlich geistesabwesend und duckt sich gar ungelenk, während der Bus sehr leise in Richtung Hauptbahnhof dahinfährt. Während sich die Türen öffnen, putzt sie sich hektisch und tüchtig den Schuh. Sie steht auf und sieht gerade noch durch die Scheibe über den Schlusslichtern den Spuckgrüsel entschwinden. «Das wird ein böses Nachspiel haben», schimpft sie wütend hinterher, «jetzt komme ich auch noch zu spät in den Gemeinderat.» (Es sind immer die Boten einer entlustigten Nachricht, die vom Kreis der Lesenden verächtlicht werden.)

Der Söiniggel geht vom Hintereingang übers Busgelenk bis fast zum Fahrer hin und übergibt einen Spöiz um den anderen auf den Boden oder einfach dahin, wo ihn die Schwerkraft hinklatschen lässt. Die dem öffentlichen Verkehr zugeneigte Menschenansammlung weiss nicht recht, wie ihr geschieht. Sie ist ratlos! Höckelnd pfeffert der saumässige Schweinskerl seinem männlichen Gegenüber alle paar Sekunden sein üppiges Sekret vor die Füsse –, grad etwa so, wie Henry Fonda als Frank im Spiel mir das Lied vom Tod. Die Wutröte steigt immer dunkler ins schwitzende Gesicht des Nachbarn. Der kann sich vor unterdrückter, aber innerlich heftigster Empörung kaum mehr auf dem Sessel halten. Und endlich schiesst er auf und drängt sich durch die stehenden, ihn bemittleidenden Passagiere.

Und gleichzeitig kommt aus dem Nichts ein unheimlich heftiger Windstoss gegen den Spucker und schmiert ihm den eigenen widerlichen Saft übers Gesicht. Während die Leute verhalten bis verkrampft lächeln, wird dem Täter geisterhaft mehr und mehr Sabber über die Fratze gezogen. Ihm bleibt die Spucke weg, dem schockierten Publikum der Atem. Chaos kommt auf. Es wird geschrien, nach Luft genschnappt. Der Fahrer hält beim Hinterwiesli, hebt sich vom Sitz und stürzt sich ins schleimige Gewühl. An diesem dunklen Tag ist nebenbei bemerkt – womöglich – der Schlötterlig Sauhund geboren worden.


Guido Blumer,
21.1.2015, 114. Jahrgang, Nr. 21.

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