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«Wandzeitung» vom 21.3.2015:

Kontrolle ist sehr gut bezahlt und allemal besser als banale Arbeit, aber:

Es gibt den Missbrauchsmissbrauch!

Ach, denkt Giovanni, der schon wieder! Ich kann kaum je durch die Altstadt spazieren, ohne diesem Schnüffler zu begegnen. Alfonso steht vor dem untergegangenen Bücherladen an der Marktgasse und belästigt die Handwerker beim Räumen, während er seine Wundernase in jeden Satz seiner wechselnden Gegenüber steckt. «Hallo, Fönsel, bist Du mal wieder am Recherchieren?» – «Ja klar, ich muss doch wissen, ob die Kerle in einem Arbeitslosenprogramm schaffen oder ob sie anständige Malocher sind!»

Der schämt sich nicht für den Unsinn, den er plaudert, denkt Giovi, und wenn es eine Hassliebe gibt, ist Fön die seine. Er widerspricht seinem Kumpel aus alter Schulzeit: «Wer keinen Job hat, der ist nicht per se zu faul zum Zupacken! Es gibt viele böse Geschichten, die nicht ins Gute zu drehen sind. Die Schweiz ist auf Vertrauen aufgebaut.» – «Ja, auf Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Die braucht’s, weil viele Leute irgendwie Missbräuchler sind. All die wollen Sozialhilfe, nachdem sie den Staat schon während zweier Jahre mit Arbeitslosengeld abgezockt haben. Und Untätige sind immer selber schuld! Die müssen sich ja nicht von Firmen anstellen lassen, die ihr Wirken allein auf die Börse zuschneiden und nur gierig sind! Da reagiert die Staatsmacht gut. Die setzt Kontrolleure ein und bezahlt die gut. Mehr Spitzel, weniger Arbeitslose und mehr Kosten für den Staat, mehr Gewinne für die Börsenhöseler.»

Wer nicht im Kontrollwesen tätig ist, denkt G, ist Kontrollierter, also Arbeitsloser. Etwa, weil er aus der Zunft der Zeitungen ohne Journis kommt. Dieser muss sich nämlich von gut ausgebildeten Staatscontrollern die Ferien streichen lassen, und Edelfedern benötigen nun mal die Belehrung, wie man eine Bewerbung als Journi schreibt!? Das gibt gute Geschichten für die Minderheit in der Berufsgruppe, die noch ein Plätzchen im bezahlten Schreiben haben. Doch auch die müssen beseitigt werden, damit sich der Staat aufs Geld verdienen ohne Büezer konzentrieren kann. Mit dem Vorteil dass alle, die nicht selber abzocken können, ins Kontrollwesen gehen. Ein Spitzeltelefon für Bürger soll Sozialhilfe-Betrüger entlarven. Die Hotline wird von Bürgern ehrenamtlich betrieben, die Sozialhilfe-Missbräuche bekämpfen, schreibt die SVP Herrliberg. Solche Schlingel werden registriert, auf ihre Schweinereien überprüft und direkt im zuständigen Amt denunziert. Bei der Sozialdirektion Hintermberg findet man diese Aktion ganz toll. Plauderi Plaudermann: «Ich bin grundsätzlich gegen das Verpfeifen. Arbeitslose dürfen indes womöglich und im Prinzip nicht wählerisch sein. Stellensuchende, die Erwerbslosengeld beziehen, müssen unverzüglich jede Büez annehmen.»

Diese Regel lässt Ausnahmen zu: Unzumutbar sind Betätigungen, die den berufs- und ortsüblichen Bedingungen nicht entsprechen, nicht angemessen auf Fähigkeiten und bisherige Tätigkeiten des Untätigen Rücksicht nimmt, einen Arbeitsweg von je über zwei Stunden für Hin- und Rückweg erfordern oder der Betrieb Leute entlassen hat, um wesentlich Billigere einzustellen, der Lohn unter 70 Prozent des zuletzt versicherten Verdienstes liegt. Die sollen sich in den A kneifen, denkt A.

 


Guido Blumer,
21.3.2015, 114. Jahrgang, Nr. 80.

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