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«Wandzeitung» vom 19.3.2015:

7. und letztes Stammtischgespräch in dieser Runde:

Der Stadtrat gehört ins Stadthaus.

Sieben Männer treffen sich zweimal die Woche am Stammtisch. Es sind dies Geo der Geomant, Theo der Theologe, Bio der Biophile, Philo der Philosoph, Bera der Berater, Poli der Politiker und Hugo der Architekt.

Hugo: Nachdem ihr mich schon beinahe umgestimmt habt, bin ich nun froh, dass die Winterthurer den Gestaltungsplan Werk 1 angenommen haben. Als Architekt schlägt mir das Herz höher. Poli: Über 60 Prozent stimmten für dieses Jahrhundertprojekt. Ein grösseres Werk wird es in Winterthur wohl kaum mehr geben. Mich stimmen die nächsten 15 Jahre euphorisch.

Bera: In mir dagegen wühlt es, weil sich gerade mal ein kleines Drittel der Bevölkerung für die Zukunft unserer Stadt interessiert. Hätten sich mehr Winterthurer mit Werk 1 befasst und hätten sie sich zur Urne begeben, wäre das Verhältnis 60:40 anders ausgefallen. Wie dem auch sei: Die Euphorie wird bald zu Ende sein. Noch basieren alle Berechnungen und Lösungsskizzen auf dem Prinzip Hoffnung. Hätte bei der Konsensfindung eine echte Problemlösung stattgefunden, würden die weiteren Konzepte weder auf Versuch noch Irrtum bauen. Weil eine echte Entscheidfindung mit notwendigen Korrekturwegen fehlt, wird es herbe Enttäuschungen geben. Bio: Die Gefahr, dass ein Desaster entsteht, ist gross. Die Umsetzung wird, wie in der Kirche das Amen, eine reine Glaubenssache sein. Mit Wissen und Realität hat der Gesamtplan wenig bis nichts zu tun, Spekulation ist da schon eher angebracht. Hochmut und Toleranzschwäche hätten mit einer Ablehnung aus dem Gesamtplan gestrichcn und durch eine notwendige Gedankenreihe mit folgerichtigem Massnahmenplan ersetzt werden können. Die Voraussetzungen sind viel zu schwach, um Fehler in der Umsetzung rechtzeitig zu erkennen. Die bestehenden Parameter taugen für eine rationale Bedingungsliste nicht. Vielmehr werden fernab von aller Sprachlogik willkürliche emotionale und schein-soziale Begründungen den Baufortschritt über mehr als zehn Jahre lenken und deuten, bis vom Gestaltungsplan nicht mehr viel übrig ist. Theo: Als Theologe kann ich nur sagen, es ist ein grosses Werk, und weil es gross ist, muss es gut werden. Philo: Mir scheint, dass auch du Theo von unserem bisherigen Gespräch wenig verstanden hast. Ich begegne dem Stadtrat mit Würde und attestiere ihm guten Glaubens zu sein, unserer Stadt Fruchtbarkeit zu bringen.

Die Stadträte sind Menschen. Sie brauchen Räume mit regierungsstarken Energien, um ihre weibliche und männliche Kraft zu entfalten. Mir derselben Würde begegne ich der Stadt. Verschwindet nun der Stadtrat aus Hochmut und Toleranzschwäche im Superblock, wird er seine Macht an ein Orakel verlieren, das der Stadt diese Würde entzieht. Geo: Kaum einer mehr mag hier mit dem Herzen sehen. Der Schein der Fruchtbarkeit trügt. Längst tanzen die Menschen am zentralsten Platz in der Innenstadt, auf dem Herzpunkt von Winterthur, ohne zu merken, dass diese Tanzfläche den Tanzenden in den Abgrund zieht. In welchem Gemeinde eigenen Hain sich der Herzpunkt heute befindet, verrate ich nicht. Sicher nicht in Werk 1. Philo: Es braucht Macht und Würde im Stadthaus, um den Herzpunkt ins Zentrum zurückzuholen.


Heiner Dübi,
19.3.2015, 114. Jahrgang, Nr. 78.

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