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«Wandzeitung» vom 5.6.2015:

Es nagt der Zahn der Zeit:

Ist Wasser ein Menschenrecht?

Nun wagen wir uns an ein heikles Thema. Bevor wir einsteigen, erinnern wir uns nochmals an den letzten Beitrag vom 19. Mai. Dort fragten wir nach dem Recht der Luft und wähnten, dass Luft kein Menschenrecht sei. Die Behauptung blieb widerspruchslos. Wir unterschieden damals auch kaum von Atem und Luft und setzten diese beiden Begriffe in nahezu einen, weil ohne die Berührung der Luft kein Mensch seinen Körper durchatmen kann. Das gilt für alle Lebewesen, die angereicherten Sauerstoff für einen gesunden Stoffwechsel brauchen.

Bis heute kann man die Luft nicht kaufen. Oder doch? Wenn ich an die künstlich belüfteten Bürohäuser denke, nehme ich eine Veränderung in der Verabreichung der Luft am Arbeitsplatz wahr. Wie lange geht es noch, bis wir Luft als ein Menschenrecht bezeichnen müssen? Bislang war es ein Recht der Erde, die Lebewesen inklusiv Steine mit angereicherter Luft zu durchdringen und sie mit Atem zu beschenken. Nur so ist Leben möglich. Wenn aber in Bürohäusern Leben nur möglich ist, wenn der Hauswart die Lüftung richtig einstellt, hängen plötzlich alle an einem Faden. Ich auf jeden Fall bin immer wieder froh, wenn ich zum Beispiel lebendig aus dem Superblock komme, in Bern-Wankdorf wären solche Objekte die neuen Post- und SBB-Hauptsitze entlang der Bahn, in Zürich die pädagogische Hochschule am Europaplatz. Wie lange geht es, bis ich eine Versicherung abschliessen muss, wenn ich als Kunde die AXA-Winterthur oder die städtische Verwaltung in ihrem künstlich belüfteten Gebäude im Superblock aufsuchen muss? Zudem kostet diese Luft auch der Versicherung und der Stadt Winterthur Geld. Es wäre also nichts als ein Recht, wenn ich dafür auch bezahlen müsste!

Wird Luft also doch zum Menschenrecht? Habe ich ein Recht darauf, überall auf der Erde kostenlos zu atmen? Wenn Sie jetzt meinen, meine Gedanken wären absurd, so bringe ich sofort das Wasser ins Spiel. Wasser ist längst zu einem unternehmerischen und politischen Geschäft geworden. Die einen fliegen das Wasser rund um die Welt, den anderen wird es kurzerhand abgedreht oder verweigert. Zu behaupten, Wasser sei kein Menschenrecht würde nur den Multis gefallen, die gerne sämtliche Quellen und Reservoirs der Welt aufkaufen wollen. Längst wird mit Wasser Geld gemacht und Krieg geführt. Notleidenden bringen wir zuerst Wasser, oder auch nicht. Das Wasser, das die Erdbebenopfer in Nepal bekommen, ist in Pet-Flaschen abgefüllt und nur über den Markt erhältlich. Wir Menschen also sind es, die Wasser zum Menschenrecht machen. Gäbe es dafür keinen Handel und würde damit nicht Krieg geführt, müsste Wasser auch nicht in der Liste der Rechte geführt werden. Es wäre so selbstverständlich, dass wir alle trinken, wie wir heute Luft einatmen. Doch schon bald stehen im Eingang künstlich belüfteter Bürohäuser neben den Pet-Flaschen auch Gasflaschen mit Luft. Gratis natürlich. Schliesslich ist man als umweltbewusste Organisation um das Wohl und die Gesundheit der Mitarbeitenden und Kunden besorgt. Und: Wasser ist ein Menschenrecht. Wie die Luft?


Heiner Dübi,
5.6.2015, 114. Jahrgang, Nr. 156.

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Standpunkte:

8.6.2015, 11:26 Uhr.

Pierre-François Bocion schrieb:

Ja, der Superblock auf dem ehemaligen Sulzerareal ist ein Beispiel von Ressourcen- Verschleuderung unter anderem auch der Luft. Das Geld der AXA-Aktionäre wurde in ein nicht notwendiges Gebäude investiert. Das Gebäude wird kosten- und gewinndeckend der Stadt Winterthur auf Kosten der Steuerzahler vermietet. Die Atemluft in dem Gebäude wird zu hohen Kosten konditioniert, damit die Mitarbeitenden den ganzen Tag in geschlossenen Räumen verbringen können. Bis anhin konnten die Fenster geöffnet werden, das ist Geschichte.


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