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«Wandzeitung» vom 19.9.2015:

Wenn der Papst shoppen geht:

Irrtum bleibt möglich.

Ist es wahr, dass ein Papst, wenn er seine Brille persönlich beim Optiker gleich um die Ecke des Heiligen Stuhls kauft, volksnaher wird? Es muss so sein, denn die Wirkinformation in den Medien zeigt, dass er mit seiner Sicht der Kirche damit punktet. Allerdings verändert er mit seinen neuen Gläsern das Universum nicht. Betont behält er das alte Gestell. Bescheidenheit steht einem volksnahen Papst zu. Er fährt nicht im Papa-Mobil, sondern in einem unauffälligen Auto vor und steht plötzlich da. Die PR-Aktion ist gelungen, und die Erde bleibt das Zentrum des Glaubens.

Die christliche Kirche hat mit ihren verwandten Religionen dasselbe Problem zu lösen. Wie kann die Sonne der Mittelpunkt unseres Universums neben vielen sein, wenn hinter dem Mond das Jenseits beginnt? Dieses Dilemma haben bis in die heutige Zeit weder grosse Theologen, Philosophen noch Physiker oder Wissenschaftler gelöst. Seit Sokrates, der wusste, dass er nichts wusste, seinen Saft getrunken hatte und Galileo Galilei dem Kopernikus, um dem Kerker und Feuer zu entkommen, eine Absage erteilte, beharren die Altmeister Roms darauf, unter dem Mond die Sünde zu erklären.

Religionsblog im Sinne einer Sonntagsschule gibt es nicht nur im «Tagesanzeiger». Wenn ein Glaube von einem Datenschützer erklärt, geschützt oder abgegrenzt werden muss, macht ein Blog schlicht keinen Sinn. Es macht keinen Sinn, einen Gott hinter dem Mond auf Erden zu vertreten oder für oder gegen ihn zu kämpfen. Krieg und Frieden in seinem Namen sind abscheulich.

Wissenschaftler im christlichen Abend- und im Exportland Amerika haben das Glück, demselben Glauben verfallen zu sein. Auch in der Wissenschaft dreht sich alles um die Erde. Und auch Wissenschaftler glauben, alles mit Annahmen erklären zu können. Die Wiederholbarkeit eines Versuchs bleibt auf der Strecke, wenn es darum geht, Schwarze Löcher zu erklären. Das Glauben ist gefragt, um grosse Zeitschriften mit relativen Quanten zu füllen. A propos Plagiate: Die ganze Theologie und Wissenschaft lebt davon. Es kann doch niemand für sich behaupten, etwas herausgefunden zu haben, das noch nie ein Mensch gedacht haben soll. Schon vor dem Giftbecher des Sokrates war bekannt, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Doch wer so tut, als müsste er ein Böser sein, damit er in den Himmel kommt, ist froh um jede mechanische Erklärung, die nach dem irdischen Gesetz der Rückkoppelung die ganze Welt erklärt.

Seien wir also froh, dass wir einen volksnahen Papst haben. Es wird sich nichts verändern auf dieser Welt. Die Optik bleibt dieselbe bis, ja bis plötzlich Franziskus beim Optiker nebst den Gläsern auch das Gestell wechselt und dem Volk klar werden darf, dass unsere Erde keinen Erlöser über dem Mond braucht.

 

 


Heiner Dübi,
19.9.2015, 114. Jahrgang, Nr. 262.

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