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«Wandzeitung» vom 5.10.2015:

Korrupter Respekt hat ausgedient:

Wir brauchen eine neue Strategie.

Verrückt ist es schon, wenn jetzt auch der Sepp Blatter von der Staatsanwaltschaft befragt wird und der VW-Chef Winterkorn den Hut nimmt. Verrückt? Überhaupt nicht! Denn längst ist klar, dass sich eines Tages meldet, was in der Trickkiste den Anfang nimmt. Hunderte von Beratern gingen bei der Fifa oder bei VW ein und aus. Abertausende tun dasselbe bei den vielen Firmen, die wie die Fifa und VW versuchen, zwischen Wirtschaft und Politik taktisch klug zu sein. Wann haben wir endlich die Nase voll von dieser Art Führung? Führen und sich abgrenzen sind ein Synonym. Nur wer sich abzugrenzen weiss, bleibt verschont von taktischen Spielchen.

Wir brauchen dringend eine Beratung, die wie das Spieglein an der Wand die Macht der selbsternannten schlauen Füchse durchbricht und Menschen dazu bewegt, Entscheidungen zu treffen, die einen positiv einholen. Gerade diese Kunst bleibt in den letzten Jahrzehnten zumeist auf der Strecke. Immer noch geht das Gerangel um die Frage, wer geschickter taktieren kann. Und immer noch werden Menschen bewundert, die aus eigener Dummheit und gesellschaftlicher Gier sich mutlos durch die Welt wirtschaften oder regieren und dabei bejubelt werden. Das Marketing für korrupten Respekt, bestehend aus einem Heer von Beratern, funktioniert. So wird der Rücktritt von Winterkorn mit grosser Ehrfurcht kommentiert, wenn er angeblich die volle Verantwortung für das Schlamassel übernimmt, das ein intelligenter Mensch an der Spitze eines Konzerns gar nicht eingegangen wäre – nicht aus Angst, sondern aus Mut. Nun wird auch gegen Winterkorn wegen mutmasslichen Betrugs eine Untersuchung eingeleitet. Dabei ist längstens klar, dass alle von allem gewusst und einander gute Ratschläge für teures Geld gegeben haben. Schauen wir auf die neusten Berichte aus dem Edelsteinhandel der grossen Banken. Da wirkt der neue Plagiatsvorwurf an die deutsche Verteidigungsministerin geradezu wie ein kleiner Wermutstropfen. Lernen die da oben denn nie?

Und wie sieht es im Kleinen aus? Versuchen nicht zahlreiche Unternehmer und Politiker den schlauen Weg zu gehen, so dass sie das eigene Hinterrad überholt, wenn sie entschieden haben? Wir müssen dringend neue Wege finden, damit nach Entscheidungen in der Führungsetage alle vier Räder synchron weiterrollen. Das aber braucht einen neuen Stil an Beratung, der Betrug und das Motto «nach mir die Sintflut» konsequent ausschliessen will. Die Zeit ist jetzt reif, aber nicht mit der alten Garde, die meint führungserfahren zu sein. Mit Porsche-Chef Müller ist es wie mit dem Papst: Wenn er nur die optischen Gläser auswechselt und nicht das ganze Brillengestell, sieht er das Neue immer noch alt. Fazit: Es braucht in der Wirtschaft und Politik eine neue Fassung für Führung genauso wie eine neue Strategie für Beratung. Die Plattform wäre da, wenn furchtlose Menschen weder Machtspiele noch Manipulationen nötig haben, sondern sich gleichwertig mit allen Wesen wissen.

 


Heiner Dübi,
5.10.2015, 114. Jahrgang, Nr. 278.

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