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«Wandzeitung» vom 8.9.2015:

Über die Angst, Dummheit und Intoleranz:

Mehr Mut.

Wissen Sie was ich mir wünsche? Ich wünsche mir mehr Mut. Mehr «so nicht!». Mehr Menschen die aufstehen, die sich öffentlich gegen diese Pseudo-Patrioten mit faschistischen Tendenzen äussern. Ich wünsche mir mehr Til Schweigers. Nicht wegen seiner schauspielerischen Qualitäten, sondern weil er den Mund aufmacht und auf Worte Taten folgen lässt. Weil er auf Facebook gegen den braunen Hass demonstriert. Weil er mit seiner Fundation Flüchtlingen helfen will. Weil er erkannt hat, dass Schweigen nicht die Lösung ist. Ich wünsche mir mehr Anjas Reschke. Die ARD- Moderatorin wagt, was hierzulande kaum einer wagen würde: Sie macht den Mund auf, öffentlich, vor laufender Kamera. Sie hält dagegen. Im Konjunktiv beschreibt sie dann, was passieren würde, wenn sie sich für Flüchtlinge stark machen würde. Die Realität hat ihre kühnsten Vorstellungen übertroffen. Ich wünsche mir mehr Smudos und Thomas D’s, die an einem Konzert der Fantastischen Vier in Hamburg den Bewohner einer Asylbewerberunterkunft gratis Karten geschenkt haben. Damit sich die Menschen auch mal willkommen fühlen, damit sie auch mal mittendrin statt wie immer nur nebenaussen sein können. Ich wünsche mir mehr Admiral James T’s, aka David Langhard, der auf Facebook Screenshots von rassistischen Kommentaren schiesst und sie dann bei der Staatsanwaltschaft anzeigt.

Ja, ich wünsche mir mehr Mut. Mehr Moderatorinnen, Missen, Promis, Sängerinnen, Politikerinnen die den Mund aufmachen und sagen: so nicht. Nicht mit uns. Nicht in unserem Land. Nicht mit Menschen.

Sie glauben sicher nicht, dass die Flüchtlinge aus Aleppo in Syrien gerne tausende von Euros hinblättern, alles aber auch wirklich alles zurücklassen, unmenschliche Strapazen und Dramen überleben und dies freiwillig tun? Glauben Sie diese Familie mit den zwei Kindern, die seit Tagen nur noch weinen und vor Schmerzen nicht mehr laufen können, glauben Sie die machen das freiwillig? Glauben Sie, die wollen Ihnen das Haus, Auto, Job und iPhone wegnehmen? Denken Sie nochmals nach.

Glauben Sie wirklich Eritrea ist gar nicht so schlimm, wie es die Linken immer darstellen? Keine Diktatur. Alles bestens in diesem Afrika. Faul sind die. Faul. Ein bisschen Militärdienst hat noch niemanden geschadet. Ach ja? Bitte, wenn Sie das glauben, dann seien Sie so gut und gehen Sie nach Eritrea. Einfach, denn zurück kommen Sie wohl kaum.

Ich wünsche mir weniger Kopfschütteln. Weniger Hausfrauen, die bedrückt meinen, sie könnten diese Bilder von den Flüchtlingen auf diesen Booten auf dem Mittelmeer nicht mehr sehen. Nein, sie ertragen das nicht, die Armen. Ich wünsche mir, dass ich mehr Mut hätte. Dass ich eine Flüchtlingsfamilie bei mir Zuhause aufnehmen würde. Dass ich mich engagieren würde, indem ich freiwillige Arbeit leisten würde. Ich wünsche mir, dass wir vor dem Flüchtlingsdrama endlich die Augen öffnen, reagieren, helfen, unterstützen. Ich wünsche mir mehr Menschheit, weniger Hass und Ignoranz. Ich wünsche mir, dass wir den Flüchtlingen aus Eritrea, Syrien, Kongo als Menschen begegnen. Ich wünsche mir mehr Mut. #refugeeswelcome #mundaufmachen


Oriana Ziegler-Somarriba,
8.9.2015, 114. Jahrgang, Nr. 251.

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