Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 29.12.2015:

Eine Kindergeschichte? Teil 5:

Tatze und Knopf.

In der Zwischenzeit war Mama mit den Kleinen aufgerückt. Der Tumult bei der Feuerstelle und der feine Duft hatten sie angelockt. Als sie die Szene durch das Gehölz hindurch sahen, konnten sie auch nicht mehr an sich halten. Der Wolf schien harmlos zu sein und es drohte keine Gefahr. «Knopf!», schrien sie ausser sich vor Glück und überrannten ihn beinahe. Von neuem wurde gedrückt und liebkost, geschrien, gelacht und geheult. Tatze scharrte aufgewühlt in der Glut. Die Kartoffeln waren jetzt fertig und die Zwergenschar hielt inne. Der Duft, zusammen mit dem Bärlauchmus war unwiderstehlich. Trotzdem liess Knopf Anstand walten und stellte seinen treuen Freund und Wegbegleiter Tatze vor, der sein Zuhause gewesen war und ihn vor allen Gefahren beschützt hatte. Dankbar drückten sich Vater und Mutter an den Vorderlauf des Wolfes und vergossen eine letzte Träne der Rührung.

Dann feierten sie zusammen ein Kartoffelfest und alle Bäuche wurden satt. Na ja, beinahe alle. Tatze fand die Kartoffel natürlich köstlich, aber er brauchte schon noch etwas Handfesteres. Während die Zwergenfamilie von ihren Abenteuern berichteten, ging er auf die Jagd. Er konnte nicht anders, es war seine Natur.

Aber als Wladimir, Knopf und die anderen sich ein neues Zuhause suchten und wieder glücklich zusammenlebten, da war Tatze immer in der Nähe, machte Streifzüge zusammen mit Knopf und hielt immer ein wachsames Auge über die Sippe. Ende.

Und die Moral? Braucht es viel Phantasie, um diese Geschichte, um Freundschaft und Toleranz in die Realität umzusetzen? Eine Katastrophe trennt Familienmitglieder, zwingt sie, ihr kaputtes Zuhause zu verlassen. Sie müssen sich in unbekanntem Terrain zurechtfinden. Ein Einzelner wird von einem anderen mit fremder Herkunft und Kultur aufgenommen. Sie lernen und profitieren voneinander. Ein Geben und ein Nehmen. Zum Schluss das Optimum: die Wiedervereinigung! Die Freunde trennen sich, bleiben aber für immer in Dankbarkeit miteinander verbunden.

Zu allen Zeiten passieren diese Dinge auf der ganzen Welt. Wenn es gut läuft, erhält man in schweren Zeiten Unterstützung. So sollte es sein, aber leider ist es keine Selbstverständlichkeit. Viele stossen dabei an ihre Grenzen – und wachsen über sie hinaus. Zum Glück! Es heisst ja, man sollte allem etwas Gutes abgewinnen. Nach dem Tunnel folgt das Licht, nach dem Regen kommt die Sonne. Was uns nicht umhaut, macht uns stark. Oft halten wir uns mit Symptombekämpfung auf und verlieren den Überblick über das grosse Ganze. Es ist einfacher im Kleinen zu wursteln, anstatt den Mut zu haben, die Ursache am Schopf zu packen. Überforderung, Ohnmacht, Angst. Halten wir uns also an das Wichtigste bei allem: Zusammenhalt, Freundschaft und Liebe.


Momo Appenzeller,
29.12.2015, 114. Jahrgang, Nr. 363.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.