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«Wandzeitung» vom 24.8.2014:

Sterbebegleitung löst in mir Konflikte aus:

Löst oder schafft Exit Probleme?

Ich habe mich in den letzten Wochen mit dem Thema Sterbebegleitung auseinandergesetzt. Da ich in meinem Beruf als angehende Fachfrau Gesundheit früher oder später damit konfrontiert werde, und weil ich mir bis anhin noch gar nie eine Meinung zum Freitod gebildet habe, war das Recherchieren extrem spannend für mich. Die Organisation Exit war mir zwar vom Hörensagen bekannt, doch so richtig Bescheid über sie, das wusste ich noch nicht. Ist sie ein Fluch oder ein Segen? Welche Ziele verfolgt sie? Und was bietet sie?

Exit ist eine Schweizer Sterbehilfsorganisation mit rund 70 000 Mitgliedern, die sich seit 30 Jahren für die Selbstbestimmung der Menschen im Leben und Sterben einsetzt. Menschen werden in schwierigen Lebensphasen und bei schweren Schicksalsschlägen beraten und begleitet. 2013 wurden rund 450 Personen durch Exit in den Tod begleitet.Vor wenigen Monaten sorgte ein Richtungswechsel der Organisation für Diskussionen. Exit weitet ihr Tätigkeitsfeld aus und möchte nun auch solche Menschen in den Tod begleiten, die nicht schwer krank sind, aber trotzdem sterben wollen.

Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, ob ich dies für gut empfinde oder dagegen bin. Einerseits entscheiden sich die betroffenen Menschen ja ganz alleine für diesen Schritt, weil für sie das Leben in ihrer Situation nicht mehr lebenswert ist. Doch auf der anderen Seite bin ich der Meinung, dass es uns gar nicht zusteht über unser Abgehen zu entscheiden, und jedes Problem irgendwie angegangen werden kann, so aussichtslos es auch scheinen mag. In dieser Situation habe ich mich aber glücklicherweise noch nie befunden, deshalb ist es für mich schwierig diese Entscheidung nachzuvollziehen.

In meinem Berufsalltag führe ich sehr viele Gespräche mit Senioren und Seniorinnen, welche «am Morgen am liebsten gar nicht mehr aufwachen». Ich kenne die Krankheitsgeschichte jeder einzelnen Bewohnerin und jedes Bewohners auf unserer Abteilung und weiss, dass es viele von ihnen nicht einfach haben. Trotzdem wage ich es in meinen jungen Jahren zu sagen, dass meiner Meinung nach jeder Mensch für einen sehr grossen Teil seines Wohlbefindens selber verantwortlich ist. Ich glaube daran, dass jeder Schicksalsschlag in irgendeiner Form eine Bedeutung für uns hat und uns weiterbringt, auch im sehr hohen Lebensalter. Ich stelle oft nachdenklich fest, dass sich unsere Senioren im Alterszentrum als in unserer Gesellschaft überflüssig ansehen und sich das Leben deshalb schwarz ausmalen. In diesen trüben Momenten zeige ich ihnen ihr sehr erfülltes Leben auf und weise sie darauf hin, dass sie auch jetzt noch sehr viel für die Allgemeinheit beitragen. Ich sehe unsere Bewohnerinnen und Bewohner nicht nur als Patienten an, sondern viel mehr als sehr grosse Vorbilder.

Die Sterbebegleitung ist für mich, trotz Recherchen und viel Überlegungen, ein Thema, das Konflikte in mir auslöst. Das wird sich wahrscheinlich erst ändern, wenn ich mich einmal selbst in einer vergleichbar schwierigen Lage vorfinde.


Indira Weber,
24.8.2014, 113. Jahrgang, Nr. 80.

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