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«Wandzeitung» vom 7.11.2016:

Bundesrat Alain Berset entfacht in der Schweiz einen unsinnigen Sprachenstreit ums Frühfranzösisch:

Ein Welscher vergisst das Italienisch!

Völlig überfallartig will SP-Bundesrat Alain Berset den Kantonen deren Bildungshoheit entziehen und damit einen Sprachenstreit in der üblicherweise politisch konstruktiven Schweiz entfachen. Sein Ziel ist es offenbar, dass er die Kantone dazu zwingen will, eine zweite Landessprache in der Primarschule zu unterrichten. Dagegen gibt es wenig bis gar nichts zu mäkeln. Aber! Dass er sich indes weder um die italienische Sprache der Tessiner kümmert; noch ums Rätoromanisch im Kanton Graubünden – also diese beiden Landesprachen schlicht nicht in sein Denken mit einbezieht, das ist absolut nicht nachvollziehbar!

63,3 Prozent der helvetischen Einwohnenden beziehungsweise 5 344 864 unserer Landsleute sprechen deutsch; 22,7 Prozent respektive 1 916 721 Eidgenossinnen und Eidgenossen verständigen sich in der französischen Sprache; 8,1 Prozent oder 683 940 Personen unterhalten sich in italienischer Lautbildung und 0,5 Prozent der rätoromanisch Artikulierenden sind immerhin auch noch mündige 42 218 Menschen mit weissem Kreuz auf rotem Grund. Und last not least äussern sich 5,4% Prozent oder 455 960 Nichtlandsleute oder Gäste hierzulande in fremden Sprachen. Insgesamt beherbergt die Schweiz derzeit 8 443 703 einwohnende Kronen der Schöpfung.

Diese Zahlen offenbaren die kulturelle Vielfalt in der Schweiz. Und die soll mit allen möglichen geistigen wie monetären Mitteln nicht nur gefördert, sondern vielmehr den engagierten Kräften entsprechend zugelassen werden. Bundesrat Berset will die Kantone dazu zwingen, eine zweit Landessprache in der Primarschule zu unterrichten. Er verlässt also die freundeidgenössische Gewaltentrennung zwischen Bund und Kantonen unfreundlich. Das macht schlicht keinen Sinn. Die Kantone sollen auch künftig die Wahl haben. Sinnvollerweise sollte die zweite Landessprache – nach meiner Überzeugung – reifemässig ab der vierten Klasse je nach freier kantonaler Wahl, entweder Französich, Italienisch, Rätoromanisch oder Deutsch sein. Und freilich ist auch die englische Sprache eine Chance für die Zukunft, sinnvollerweise ab der Oberstufe. Die Schweizerinnen und Schweizer sollen so in der Volksschule zwei Landessprachen lernen und obendrauf das weltweit wichtige Englisch. Und die gut eidgnössische kantonale Souveränität soll unbedingt beibehalten werden. Das Machtspiel des Freiburger Vorstehers des Eidgenössischen Departements des Innern bringt keine Kulturverbesserung, weil er leider nicht alle Landesprachen auf seiner Antenne hat und offensichtlich die Sprachminderheiten im Lande an die Wand fährt. Die kantonale Souveränität beziehungsweise die Erziehungsdirektorenkonferenz ist ein gutes und bewährtes Instrument zu einer ausgewogenen Sprachenkultur, weil sie auch kompromissbereit ist.

Die gestrenge und zurecht ineffiziente Politik, in diesem Fall auf kantonaler Ebene, kann allerdings nicht allzu innovativ sein beziehungsweise zu rasch. Will sie sinnvolle Lösungen finden, braucht es viele Diskussionen zum Thema, auch in den Schulen. Denn die Kinder von heute, sind in der Mehrheit sehr clever. Auch wenn sie wissen, dass das Lernen einer Fremdsprache mit viel Anstrengungen verbunden ist, wissen sie, dass Mehrsprachigkeit Türen und Tore im Leben öffnet.

 


Guido Blumer,
7.11.2016, 115. Jahrgang, Nr. 312.

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Standpunkte:

26.11.2016, 18:26 Uhr.

Maria Wyler schrieb:

Danke für den Artikel mit der klaren Stellungnahme. Berset muss mit seinem Vorhaben gebremst werden, die Entscheidung muss bei den Kantonen bleiben. Wenn schon müssten die weniger vertretenen Sprachen wie Italienisch und Rätoromanisch stärker gefördert werden, weil diese im medialen Alltag ohnehin weniger Präsenz haben.


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