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«Wandzeitung» vom 10.4.2016:

Eine einzige Szene, die mich zum Nachdenken bringt:

Uuund?

Es gibt im Film «Sex and the City 2» eine Szene (vielleicht auch die einzige), die mich zum Nachdenken bringt. Carrie und Mr. Big (für die Nichtkenner: Carrie ist die Protagonistin, die Haut-Couture und Cosmopolitans über alles liebt und als erfolgreiche Autorin in New York lebt). Also diese Carrie ist mit Mr. Big seit zwei Jahren glücklich verheiratet. Eines Tages besuchen sie die Hochzeit eines befreundeten Paares. Während dem Fest kommen sie mit einem anderen Paar ins Gespräch. Das eine führt zum anderen und irgendwann wird die Frage gestellt, die immer gestellt wird. Uuund, wollt ihr auch Kinder haben? Sie, das fragende Paar, hat sich für eine Leihmutter entschieden (!), man wolle ja die Figur nicht ruinieren (!!) und schliesslich habe man nicht vor, auf alles zu verzichten (!!!). Carrie und Mr. Big schauen sich an und antworten, sie würden zwar Kinder lieben, Kinder würden aber nicht in ihr Leben passen. Nein, sie würden keine eigenen Kinder haben wollen. Ja, sie zwei reichen völlig aus. It’s just the two of us. Das Leihmutter-Paar versteht die Welt nicht mehr. Warum entscheidet sich ein Paar, welches allem Anschein nach glücklich zusammen ist, kein Kind zu kriegen? Nun, die Antwort wird nur das Paar wissen und nur sie geht es was an, ob man Kinder auf die Welt setzen will oder nicht. Könnte man zumindest meinen, dass es sie nur was angeht.

Meine Freundinnen, Kolleginnen, ich, also alles Frauen um die 30 werden immer wieder mit dem langgezogenen «Uuund?» konfrontiert. Dieses «Uuund» zielt darauf an, letztlich zu wissen, ob die Freundin, die Kollegin oder ich endlich schwanger sind. Dieses «Uuund» ist vielmehr als eine Frage. Es ist ein Angriff auf die Privatsphäre. Es ist indiskret und unpassend. Dieses «Uuund» kann unglaublich viel in Gang setzen. Und meistens muss man sich nach diesem «Uuund» rechtfertigen. Ein schlechtes Gewissen muss man als Frau schon fast haben, wenn man nicht schwanger ist. Wussten Sie, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fötus lebendig geboren wird bei 25 Prozent liegt? Lebendig, nicht gesund. Dass es lebendig und gesund geboren wird, ist noch unwahrscheinlicher. Wussten Sie, dass im Durchschnitt eine von drei Frauen mindestens einmal im Leben eine Fehlgeburt erleiden wird? Und circa 15 Prozent der Paare in der Schweiz können auf natürliche Weise keine Kinder bekommen. Wenn Sie das alles wissen, werden Sie hoffentlich die ominöse «Uuund-Frage» nicht mehr stellen.

Es kann natürlich auch sein, dass die Frau oder das Paar sich bewusst gegen Kinder entschieden hat. Weil es gerne reist, weil es gerne ausschläft, weil es nicht auf die Zweisamkeit verzichten will, weil es Kinder aus der Ferne und zum wieder abgeben gerne hat. Alle diese «Weils» gehen ausser die Betroffene auch niemanden was an. Doch die Menschen sind indiskret und nicht besonders feinfühlig. Und sie fragen auch dann nach, wenn es sie nichts angeht.

 


Oriana Ziegler-Somarriba,
10.4.2016, 115. Jahrgang, Nr. 101.

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