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«Wandzeitung» vom 10.12.2016:

In Spanien gibt’s vor Weihnachten keine Guetzli:

Aber klar, dennoch ein süsses Fest.

In Spanien werden in der Vorweihnachtszeit keine Güetzli gebacken. Was es dafür gibt sind die Panellets. Pan-Brot, also eine Art kleine Brötchen aus Marzipan, die mit Pinienkernen, Schokolade oder Pistazien verziert werden. Eine äusserst süsse und klebrige Angelegenheit, die bei uns Zuhause aber nie wirklich zur Tradition wurde.

Da mein Geburtstag im Januar immer in der Schulferienzeit war, hat meine Mama die Geburtstagsfeier auf den Dezember vorgezogen. Um den Samichlaus füllte sich unsere Wohnung in Barcelona mit fleissigen Händen, die ohne Anleitung aber mit viel Fantasie Grittibänzen kneteten und formten. Was für ein Gaudi!

Es gab auch Tränen, weil mal ein Bein abfiel, doch alles in allem waren diese Abende sehr lustig und schön. Ich wurde erwachsen, die Grittibänz-Abende fanden nicht mehr statt. Leider. Auch güetzlä war nicht angesagt, denn meine Tante und Cousinen in der Schweiz übernahmen diese Aufgabe mit viel Elan. Der Besuch musste am 24. Dezember nach dem reichhaltigen Weihnachtsmenü nur noch die ganzen Meiländerli, Brunslis und Spitzbuben vernichten.

Als die Grossmutter meines Ehemanns starb, wurde es in ihrer Küche im Berner Oberland still und traurig. Sie war eine begnadete Köchin. Viele Wochen vor Weihnachten begann sie mit der Güetzli-Produktion. Rölleli waren ihre Spezialität. Aus Bretzeliteig hergestellte Rollen, die sich nach Gusto mit viel geschlagenem Rahm füllen lassen. Eine Sünde. Einen Traum.

Mamama war nicht mehr da, und so fragte ich eines Tages im Herbst meine Schwiegermama, ob ich die Rölleli für die kommenden Weihnachten rollen dürfte. Ich durfte. Das Rezept, streng geheim für die Öffentlichkeit, hat Mamama selber in ihrem Rezeptbuch, welches in einer Schublade versteckt ist, niedergeschrieben. Wer das liest, kriegt einen Herzinfarkt. Mit Fett wird nämlich nicht gespart. Der Teig ist gerührt und gekühlt, ich montiere die Chirurgenhandschuhe, erwärme das Bretezli-Eisen und beginne zu beten, dass alles klappt.

Erst wenn das Eisen feurig heiss ist, wird der Teig auf die Fläche ausgeschüttet. Einmal Pressen, schnell öffnen und mit einem Holzstab (Diameter circa drei bis vier Millimeter) die Masse rollen. Die Handschuhe sind elementar, dass man sich nicht gottjämmerlich verbrennt. Es wird heiss in der Küche. Das Rezept ist für circa 100 Röllelis gedacht. Mamama war nicht geizig.

Wenn an Weihnachten Sablés, Kokos-Makkronen und Chräberli vertilgt werden, tun Zieglers die Röllelis verpulvern. Mit viel Rahm und ohne schlechtem Gewissen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine süsse, klebrige, wunderbare Weihnachtszeit.

 


Oriana Ziegler-Somarriba,
10.12.2016, 115. Jahrgang, Nr. 345.

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