Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 6.2.2016:

Zu den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln:

Schweizer geht beispielhaft voran!

Viel wurde in den letzten Wochen über die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln und anderen europäischen Städten geschrieben. Das zeigt, wie sehr solche Ereignisse aufwühlen. Mir geht es da nicht anders. Auf der einen Seite beschäftigen mich die Vorfälle selber. Was die Frauen erlebt haben, ist grauenvoll. Und ich hoffe, dass die Täter mit aller Konsequenz zur Verantwortung gezogen werden.

Wenn ich mir in der Folge einige weiterführende Gedanken mache, dann soll das die Taten in jener Nacht in keiner Weise relativieren oder gar entschuldigen! Neben den Vorfällen selber beschäftigt mich seither auch die schier unerträgliche Scheinheiligkeit, mit der vor allem rechtschaffene Schweizer (ja, in erster Linie Männer) auf diese Übergriffe reagieren. «Die Würde der Frau ist in unserer Gesellschaft unantastbar», «Bei uns haben Frauen ausnahmslos die selben Rechte und den selben Stellenwert wie Männer», «Gewalt und Diskriminierung gegenüber Frauen ist bei uns mit nichts zu entschuldigen». Solche und weitere Sprüche häufen sich gerade in rechtspopulistischen Kreisen. Mir kommt dabei die Galle hoch!

Es war ein langer Kampf, bis Frauen in der Schweiz wenigstens auf dem Papier gleichberechtigt waren. In der Realität sind wir es noch längst nicht. Von Lohngleichheit sind wir nach wie vor meilenweit entfernt, der Frauenanteil in Schlüsselpositionen in der Wirtschaft ist nach wie vor verschwindend klein. Das nur zwei Beispiele aus dem beruflichen Alltag von Frauen. Kar, nach Ermessen der SVP und ihrer Anhänger hat das mit den sexuellen Übergriffen in Deutschland nichts zu tun. Aber wie sieht es in dieser Hinsicht in unserer Gesellschaft aus?

Vergewaltigung in der Ehe zum Beispiel ist erst seit 1992 überhaupt ein anerkannter Straftatbestand. Und erst seit 2004 ist es ein Offizialdelikt. So nach dem Motto «Wenn sie nicht will, muss man halt nachhelfen», hat sich unter anderem die SVP dagegen gewehrt, dass Vergewaltigungen in der Ehe strafbar wurden.

Junge Frauen bei uns wachsen mit der Erfahrung auf, dass es ganz normal ist, dass sie im Ausgang begrapscht und belästigt werden. Wer sich dagegen wehrt, gilt als prüde. Die Grabscher kommen von überall, auch aus der Schweiz!

Solange es möglich ist, dass eine Frau im Ausgang, im Zug, auf der Strasse, bei der Arbeit… bedrängt und belästigt wird, und Aussenstehende sich nicht bemüssigt fühlen, einzugreifen und für diese Frau einzustehen, ist es vollkommen unredlich, unsere Gesellschaft in dieser Beziehung als eine bessere hinzustellen. Solange Frauen, die sich kritisch zu Gewalt an Frauen äussern, Sätze zu hören bekommen wie «Die müsste mal richtig rangenommen werden, die ist ja nur neidisch…» ist unsere Gesellschaft keinen Deut besser als die Täter von Köln.

Wir müssen alles daran setzen, dass Männer, die aus anderen Kulturen kommen, lernen, wie das Zusammenleben bei uns funktioniert. Dabei müssen wir - und insbesondere unsere Männer - mit gutem Beispiel vorangehen. Darum: Ja, liebe Schweizer, die Würde der Frauen ist unantastbar. Das gilt auch für euch!

 

 


Christa Meier,
6.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 37.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.