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«Wandzeitung» vom 25.5.2016:

EIN SATZ:

Ticki Park.

Abenteuer sucht man nicht, Abenteuer hat man. MANFRED HINRICH.

Die kleine, inzwischen fast grosse Gartenstadt, die wir alle gut kennen, ist Pärken naturgemäss nicht abhold. Die Verdichtung schlägt zwar da und dort eine Wunde in die Grünanlagen, doch kompensieren das die SBB. Sie fahren stündlich mit zwei Pärken pro Richtung in den Hauptbahnhof ein. Der Familienwagen mit Kinderabteil über den zu wenigen Parkgelegenheiten für Velos im Doppelstockwagen heisst nämlich Ticki Park. Er hält seit Fahrplanwechsel Seite Zürich im Sektor A. Immerhin beflügelt der fahrende Park insofern die Phantasie, als man den vielen Pärken, welche die Leute in ihrer offenbar öden Freizeit hineinsaugen wollen, weitere hinzugesellen kann.

Themenparks sind in. Und es sind noch lange nicht alle Themen ausgeschöpft. Wer inhaltlich keins mehr hat, findet sicher zumindest einen konturlosen Kunstbegriff aus der Werbesprache, z. B. Ticki. In Anlehnung an das englische Ticket. Zwar weisen alle gebräuchlichen Begriffe für Fahrkarten hierzulande mindestens phonetisch den gleichen Stamm auf, Bill, sodass man ausnahmsweise nicht auf das Englische hätte zurückgreifen müssen. Man wollte Billie Park den Kindern aber wegen Bill Clintons sexuellen Verfehlungen nicht zumuten, und nahm dafür die Assoziation des Ticks in Kauf. Was gar nicht so dumm ist, schliesslich haben Kinder, welche früh zum Opfer erzogen werden, die besseren Berufschancen.

Fügen wir dennoch dem Ticki-, dem Atzmännig-, dem Fun- und Wasser-, dem Jungfrau-, dem Magic- und vor allem dem Europa-Park, der die Kaufkraft ins Ausland absaugt, etwas ganz anderes hinzu. Wo auch Fun und Adventure herrschen, jedoch nicht so, wie es sich die Erfinder der Parks vorstellen.

Anstatt Bungeejumping, Heliskiing und Fallschirmspringen wird die Adrenalinproduktion durch einfache Problemstellungen angeregt. Erst später warten schwierigere Rätsel. Manchmal überraschen sie auch völlig. Vielleicht schwächen sie und stärken erst später. Oder gar nie. Sukzessive steigen die Anforderungen. Unangenehme Wahrheiten sind mitzuteilen oder zu verschweigen, zuerst nur als Notlüge, dann bei existenziellen Fragen, zu denen Stellung bezogen werden muss. Man steht vor Scheidewegen, ohne dass man eine Ahnung hat, was die Folge eines Entscheids sein wird. An vielen Posten verbringt man nicht nur einen Tag, sondern schläft mindestens eine Nacht oder ein halbes Leben über der Lösung. An andern wird man mit Glückshormonen und Oden der Freude überschüttet. Zumindest jene, die dafür die Augen offen haben. Ab und zu hat man eine Erkenntnis, oft blickt man gar nicht durch.

Man kann aber auch allem aus dem Weg gehen und sich auf dem Lehnstuhl ausruhen. Niemand zwingt uns, Verantwortung zu übernehmen. Aus Langeweile braucht man dann die andern Pärke zur Ablenkung. Immer wieder.

Für den Businessplan unseres Parks ist es etwas hinderlich, dass man nicht zwei Mal eintritt. Der Lebenspark ist ein Unikat.


Adrian Ramsauer,
25.5.2016, 115. Jahrgang, Nr. 146.

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