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«Wandzeitung» vom 18.7.2017:

Alltägliches:

Vom Charme des Darms.

Durch eine ausnahmsweise kluge Zahnpasta-Werbung und anhand des intelligenten Buches der jungen Medizin-Studentin Giulia Enders, «Darm mit Charme», weiss ich nun also, dass unsere Gesundheit eng mit den Mitbewohnern unseres Darmes zusammenhängt. Und wir müssen unsere Bakterien richtig füttern! Der Darm beginnt ja eigentlich mit der Zunge und endet … beim Ausgang. Giulia schafft es, das Ganze etwas appetitlicher zu formulieren als ich. Bei mir werden die Leser vermutlich entsetzt von der «Wandzeitung» wegrennen. Bitte nicht stolpern!

Ich bin scheinbar die Letzte, die besagtes Buch gelesen hat, dabei hab ich mein halbes Leben auf ein Derartiges gewartet! Mit viel Witz und ansprechenden Cartoons dazu, kann sie alle Abläufe in unserem Innern – und das Wort «Abläufe» triffts auf den Punkt – so anschaulich beschreiben, dass bei mir gleich massenhaft Glühbirnen aufleuchten. Sie hat mit ihrem Werk Preise gewonnen und mit dem Thema Salonfähigkeit erlangt. Und nun hat das Buch endlich den Weg zu meinem Liegestuhl gefunden. Seit Jahren macht’s mir mein armer Darm schon schwer und nun konnte ich endlich gedanklich durch die Mundschleimhaut, die seitlich befestigte Luftröhre in den asymetrischen Magensack reinwandern. Die eine Seite beschäftigt sich mit Flüssigkeiten und die andere mit fester Nahrung.

Danach steht man vor der Tür zum Dünndarm, der mit seinen drei bis sechs Metern Schlingen flexibel im Bauchraum mit schwabbelt. Während ich fröhlich in die Tasten greife, verkocht mir meine Hartweizenpasta. Ich füttere damit zwar meine mir nicht ganz so gut gesonnnenen Bakterienstämme, die den Zucker rausziehen und sich damit weitervermehren werden. Aber ich liebe Pasta und kann darauf einfach nicht verzichten. So werde ich brav Gemüse dazu essen und achte dabei auf die Ballaststoffe, die den freundlichen Bakterien gut tun. Ein Gleichgewicht wäre ideal. Aber anscheinend gelingt mir das nicht optimal, was meine wiederkehrenden Blähungen mir deutlich zeigen. Vielleicht liegts doch am Modetrend Laktose- oder Fruktoseintoleranz?

Nach dem Dünndarm kommt mein vielfältiger Nahrungsbrei also in den Dickdarm, am Relikt aus der Urzeit – dem Blinddarm, der früher Wurzeln und Ähnliches verdauen durfte – vorbei. Heute hilft er etwas unsicher dem Immungewebe. Er ist leicht zu überfordern damit und entzündet sich oft. Im Dickdarm wohnt der Grossteil unserer Immunzellen. Erstaunlich übrigens, wie wir total keimfrei aus dem Mutterleib entschlüpfen wollen und dann bei der Durchreise an Mamas Unterseite gleich freudig von allerlei Bakterienstämmen besiedelt werden. Und das ist gut so!

Neugeborene durch Kaiserschnitt entbunden, benötigen gut ein Jahr, bis sie genau so gut bewohnt werden. Der Planet Darm entscheidet übrigens darüber, ob wir ein Leben lang dünn oder dick sind. Ein Trost? Umprogrammieren ist schwer. Noch! Wenn’s am Ende klemmt, hilft die richtige Sitzposition im Zusammenspiel mit der Schwerkraft. Füsse hochziehen, am besten auf ein Schemel, und den Oberkörper vorbeugen. Dann hat der Enddarm seinen idealen Winkel zum Durchpressen. «Wohl bekomm’s!»


Momo Appenzeller,
18.7.2017, 116. Jahrgang, Nr. 199.

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