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«Wandzeitung» vom 30.7.2017:

Unsere Entscheide in den Volksabstimmungen und Wahlen werden noch stärker legitimiert:

100 Jahre – und immer noch jung.

Das Majorzwahlsystem, das vergangenen Juni dem neuen französischen Präsidenten Marcon mit nur 30 Prozent der abgegebenen Stimmen 70 Prozent der Mandate im Parlament sicherte, ist beim Zürcher Kantonsrat schon hundert Jahre Geschichte. Seit 1917 sorgt der Proporz für eine viel genauere Abbildung des Wählerwillens.

Die Bedeutung Winterthurs in der politischen Geschichte und Gegenwart des Kantons Zürich wird oftmals unterschätzt. Für einmal hat der Kantonsrat mit einer Auswärtssitzung vor ein paar Tagen in Winterthur das Gegenteil bewiesen und der stark von Winterthurern geprägten demokratischen Verfassung von 1869 gedacht. Sie war direkt-demokratisch und billigte dem Volk viel mehr Rechte zu als die Verfassung von 1831. Unter anderem wurde die Todesstrafe abgeschafft, die Glaubens-, Kultus- und Lehrfreiheit in Kirchenfragen eingeführt und die Vereinsfreiheit ausdrücklich garantiert. Regierungsrat und Ständerat wurden fortan vom Volk gewählt und der Grundstein für die Kantonalbank gelegt. Eine der Forderungen war auch das Proporzwahlrecht des Kantonsrats. Bis zur Umsetzung vergingen fast 50 Jahre.

Am 8. Juli 1917 war es dann soweit. Erstmals wurde der Kantonsrat nach dem Proporzwahlrecht gewählt. Mit dem Systemwechsel vom Majorz zum Proporz erlebte die Bevölkerung eine eigentliche demokratische Revolution. Die Einführung des Proporzwahlrechts führte im Kantonsrat zu einer repräsentativen Vertretung der politischen Kräfte und sicherte den Minderheiten einen Zugang zum Parlament. Statt wie zuvor nach dem Mehrheitsprinzip werden die Parlamentssitze seit damals im Verhältnis der erhaltenen Stimmen auf die Parteien verteilt. Damit erhöhte sich die Meinungsvielfalt und konnten wesentliche Minderheiten wie zum Beispiel die Bauern, das Gewerbe oder die Arbeiterbewegung ihre Meinung verstärkt einbringen. Das ist heute nicht anders. Derzeit nehmen im Kantonsrat 10 Fraktionen und Vertreterinnen und Vertreter von 11 politischen Parteien Einsitz.

Nicht nur tagte der Kantonsrat in Winterthur und behandelte Winterthurer Geschäfte, es gab eine Reihe von begleitenden Veranstaltungen wie die gelungene Ausstellung «Weg der Demokratie», die eine Vielzahl von Besucherinnen und Besuchern und Schulklassen zu begeistern vermochte. Gerade zum 1. August sollten wir uns wieder stärker bewusstwerden, welche politischen Möglichkeiten wir als Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz haben. Machen wir vermehrt davon Gebrauch, gehen wir vermehrt an die Urne und stellen wir sicher, dass die Wahl- und Abstimmungsbeteiligung immer über 50 Prozent sein wird. Dann werden unsere Entscheide in den Volksabstimmungen und Wahlen noch stärker legitimiert.


Dieter Kläy,
30.7.2017, 116. Jahrgang, Nr. 211.

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