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«Wandzeitung» vom 29.4.2017:

Zur aktuellen wie individuellen Jugendkriminalität:

Schutzmassnahmen bewähren sich.

In diesen Tagen sind die Zahlen der Oberjugendanwaltschaft zur Jugendkriminalität im Kanton Zürich im Jahr 2016 publiziert worden. Sie zeigen insgesamt ein erfreuliches Bild. Die Zahl von 4670 im Jahr 2016 gegen Jugendliche eröffneten Strafverfahren hat sich gegenüber dem Vorjahr mit 4674 praktisch nicht verändert. Sie bleibt damit im Langzeitvergleich erfreulich tief. Im Vordergrund für die Beurteilung der Kriminalitätslage stehen naturgemäss die Gewaltstraftaten. Zwar hat sich die Anzahl der einer Gewaltstraftat beschuldigten Minderjährigen von 499 im Jahr 2015 auf 514 im Jahr 2016 leicht erhöht. Der geringe Anstieg wird jedoch insofern relativiert, als dass die Zahl der beschuldigten Jugendlichen auf dem zweittiefsten Stand der letzten zehn Jahre liegt. Seit dem Jahr 2009, als sich 1151 Minderjährige wegen einer Gewaltstraftat vor einer Jugendanwaltschaft verantworten mussten, bedeutet das einen Rückgang um 55 %. Der finanzielle Aufwand für Schutzmassnahmen verringerte sich seit 2009 um über 40%.

Erfreulich ist auch, dass der Anteil von Verurteilungen wegen Delikten gegen Leib und Leben – wegen Körperverletzung – gemessen am Total aller Verurteilungen von 3 % auf 2.4 % gesunken ist. Insgesamt dürfen wir damit von stabilen Zahlen bei den Gewaltstraftaten sprechen. Die Gründe für den Rückgang der Gewaltdelikte sind vielfältig.

Auch die Kriminalität kennt Trends, die ihrerseits wieder beeinflusst werden können durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen, wie etwa die allgemeine Wirtschaftslage, die Auswirkungen von Kriegen oder technische Entwicklungen wie social media. Mit zum Rückgang beigetragen haben dürfte die intensive öffentliche Thematisierung der Jugendgewalt seit etwas mehr als zehn Jahren und die in der Folge getroffenen Massnahmen: Die Schaffung oder Verstärkung von spezialisierten Jugenddiensten bei den drei grossen Polizeikorps des Kantons, Präventionsmassnahmen der Schulen, die intensivierte Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden. Auch der Auf- und Ausbau der Schulsozialarbeit dürfte eine präventive Wirkung gehabt haben. Die Höhe der Strafe, darüber sind sich die meisten Experten einig, hat indessen keinen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten oder die Rückfälligkeit von jugendlichen Straftätern. Entscheidend ist vielmehr eine schnelle Reaktion der Behörden auf die Tat und das Ergreifen von individuellen Schutzmassnahmen. Im Rückblick erscheint es angesichts der Entwicklung der Jugendkriminalität richtig gewesen zu sein, auf massive Verschärfungen, zum Beispiel bei der Dauer der Freiheitsstrafen, verzichtet zu haben. Mit der Erhöhung der Altersgrenze von Schutzmassnahmen von 22 auf 25 Jahren ist zudem die Möglichkeit geschaffen worden, insbesondere bei gefährlichen Tätern die Schutzmassnahmen länger aufrecht zu erhalten. Für ein erfolgreiches Wirken des Jugendstrafrechts ist entscheidend, dass bei den Tätern individuelle, auf die Person und die begangene Tat abgestimmte Massnahmen ergriffen werden. Sie reichen von der ambulanten Schutzmassnahme bis zur offenen oder geschlossenen stationären Unterbringung in einer Erziehungseinrichtung.

Gerade bei jungen Menschen ist die Hoffnung berechtigt, dass sie ihr Verhalten ändern.


Marcel Riesen-Kupper,
29.4.2017, 116. Jahrgang, Nr. 119.

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