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«Wandzeitung» vom 9.10.2014:

Moralisches:

Pro Geri.

Die Nacktselfie-Affäre um den Badener Stadtamman und Nationalrat hat von Anfang an meine Aufmerksamkeit erregt. Logisch. Es geht um Sex. Das interessiert jetzt wirklich jeden. Das hat sich wohl auch die «Schweiz am Sonntag» gedacht. Oder vielleicht auch nicht.

Vielleicht dachte der Chefredaktor Patrick Müller, dass er tatsächlich einen Fall von Amtsmissbrauch und Nötigung ans Licht bringe. In jedem Fall ist mittlerweile klar, dass Geri Müller nichts Verbotenes getan hat. Er hat seiner Chatbekanntschaft an einem Sonntag aus dem Stadthaus Nacktbilder von sich geschickt. Das mag gewissen Leuten schamlos erscheinen. Doch als freigeistiger Mensch kann ich an Geris Nacktselfies nichts Vulgäres finden, ausser natürlich, dass sie an die Öffentlichkeit gelangt sind. An der Öffentlichkeit werden die harmlosesten Sexpraktiken anrüchig, beziehungsweise pornografisch. Geris Nacktbilder werden also erst durch unseren verbotenen Blick von aussen obszön. Ich hoffe, dass die Wählerinnen und Wähler sich dessen bewusst sind, wenn sie Geri Müller in ein paar Jahren wieder- oder abwählen.

Es ist mir ein Rätsel, warum sich der Stadtrat in dieser schweren Zeit nicht hinter ihren Stadtammann stellt, der scheinbar immer hervorragende Arbeit geleistet hat. Wie ist es möglich, dass jemand bestraft wird für etwas höchst Privates, Legales? Geri Müller hat nichts verbrochen. Er ist nicht betrunken Auto gefahren und hat Menschenleben gefährdet, er hatte keine Affäre mit einer Minderjährigen oder Geld aus der Staatskasse geklaut. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass die Nacktbilder veröffentlicht wurden. Aber ich glaube oder hoffe, dass die Journalisten nach bestem Gewissen gehandelt haben und annahmen, dass sich die Vorwürfe gegen Müller erhärten würden. Das ist aber nicht passiert. Umso unverständlicher ist die Haltung der Stadtregierung. Sie bedauert, dass Müller nicht zurücktritt. Was genau spricht für einen Rücktritt? Die Imageschädigung? Welche Imageschädigung? Ein Nacktselfie ist doch keine Imageschädigung! Wenn ich es mir recht überlege, wünsche ich mir, dass jeder Politiker und jede Politikerin mindestens einmal ein Nacktselfie gemacht hat.

Ein Nacktselfie ist eine aufregende und kreative Angelegenheit und dem körperlichen und geistigen Wohlbefinden höchst zuträglich. Es begünstigt die Verbindung zum eigenen Geschlechtsorgan und dies wiederum fördert eine gesunde Sexualität. Dagegen ist nun wirklich nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Hingegen sollte man davon absehen, das Foto zu verschicken. Um die freudige Erregung des Nacktselfies zu teilen, kann man das Foto drucken und vom Rechner löschen. Das ist sicherer, wenn auch weniger ökologisch. Was für einen grünen Politiker natürlich durchaus ein Kriterium sein sollte.


Anita Blumer,
9.10.2014, 113. Jahrgang, Nr. 126.

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Standpunkte:

15.10.2014, 21:44 Uhr.

Anita Hofer schrieb:

Hätte ich gewusst, dass wir das gleiche (zumindest teilweise) Thema anvisieren, hätten wir einen Doppeltext machen können! ;-) Wäre sicher gut geworden, Deinen zumindest finde ich super!


10.10.2014, 19:10 Uhr.

Kathrin Bänziger schrieb:

Wow! Für diesen frechen und erfrischenden Text gibts den «Wandzeitungs»-Pulitzerpreis! Kompliment!


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