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«Wandzeitung» vom 11.7.2014:

Winterthur muss zweites Zentrum im Kanton bleiben:

Wehre dich, Winterthur!

Geht’s nach dem Zürcher Gesundheitsdirektor sollen das Kantonsspital und die integrierte Psychiatrie privatisiert werden. Wer aufwändige Krankheiten hat, soll direkt ins Unispital oder in die zentralen psychiatrischen Kliniken. Hier in Winterthur sollen Hirslanden und andere internationale Privatklinikketten die Filetstücke erhalten: attraktive, gewinnträchtige Operationen und Therapien, am liebsten für Privatpatienten und noch lieber für solche aus dem internationalen Geldadel. Man reibt sich die Augen und schaut ein zweites Mal hin. Was wird hier gespielt?

Klar, einerseits geht es um die alte Diskussion rund um Privatisierungen. Man müsse bei der Anstellung freie Hand haben, das öffentliche Personalrecht sei zu einschränkend. Ausgedeutscht heisst die Botschaft: «Wir wollen dem Kader höhere Löhne zahlen können. Beim mittleren und einfachen Personal brauchen wir etwas flexiblere Anstellungsformen, sprich wir müssen die Leuten kurzfristiger verpflichten und auch einfacher anstellen und entlassen können.» Diese etwas bösartige Zuspitzung sei mir deshalb verziehen, weil die Realität in unzähligen Beispielen genau dies durchgespielt hat.

Andrerseits geht es bei der neuen Diskussion um die angestrebten Privatisierungen aber um die Position von Winterthur. Offenbar sieht der Kanton unsere Stadt nicht mehr als eigenes Zentrum – mit Ausstrahlung bis weit in die Ostschweiz. Vielmehr stellt sich die Zürcher Regierung Winterthur künftig als simplen Bezirkshauptort vor, der sich auf ein minimales Angebot beschränkt und sich darüber hinaus nach Zürich ausrichtet. Dazu passt auch die unsägliche Polemik des Goldküsten-Küsnachters, der Winterthur als Armenhaus des Kantons beleidigte und uns zur politischen Magersucht auffordert.

Winterthur scheint der Kanton und den reichen Gemeinden lästig zu werden. Und spätestens hier müssen alle politischen Farben in Winterthur aufwachen. Doch die Bürgerlichen zögern. Sollen sie sich für Winterthur einsetzen oder der parteinahen Privatisierungsideologie folgen? Gewählt sind sie für ersteres!

Winterthur ist als sechstgrösste Stadt der Schweiz mit Abstand die grösste Stadt, die nicht gleichzeitig Kantonshauptstadt ist. Damit fehlen ihr wichtige Einrichtungen, die eine Stadt reich und steuerstark machen. Die schwache Finanzkraft der Stadt hat denn auch mit der fehlenden Kantonsverwaltung und ihren zahlreichen sicheren und stabilen Arbeitsplätzen zu tun. Weniger Arbeitsplätze heisst weniger Einkommen, weniger Dienstleistungen, weniger Umsatz, tieferer Steuerertrag. Wenn wir jetzt noch weitere kantonale Arbeitgeber «freiwillig» privaten Gewinninteressen aussetzen, drehen wir weiter an dieser Negativspirale und werden finanziell noch weniger auf die Beine kommen. Was mit den Arbeitsplätzen eines privatisierten Spitals passiert, sollte uns das traurige Beispiel des Lindbergs lehren.

Bei den anstehenden Entscheiden über die Privatisierung zentraler kantonaler Dienstleister geht es um mehr als um eine ideologische Debatte. Es geht um die Zukunft unserer Stadt. Und dieser sei zugerufen: Wehre dich, Winterthur!


Jacqueline Fehr,
11.7.2014, 113. Jahrgang, Nr. 36.

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