Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 30.11.2014:

Gut Ausgebildete beanspruchen seltener eine staatliche Unterstützung:

Metallarbeiterschule und Subventionen?

Die Ankündigung des Stadtrates, die Metallarbeiterschule Winterthur, MSW, soll ab Schuljahr 2019 ohne städtische Subventionen auskommen, führt zu grossen Diskussionen, die sich seit Wochen dahinziehen. Der Stadtrat will künftig im Zuge der Sparmassnahmen die MSW nicht mehr mit 4,5 Millonen Franken subventionieren. Eine Anfrage an den Regierungsrat, ob der Kanton die Trägerschaft nicht vollständig übernehmen könnte, wird abschlägig beantwortet: «Gegenwärtig bestehen im Kanton Zürich und in den angrenzenden Kantonen genügend Lehrstellen im Bereich der von der MSW angebotenen Grundbildungen. Ausserdem bildet das Ausbildungszentrum Winterthur, AZW, das eng mit der Wirtschaft zusammen arbeitet, die gleichen Berufe aus wie MSW.»

Die Unternehmen kämpfen vermehrt um gute Schüler, allen voran die MSW. Sie will brillieren und sucht kantonsweit und in den umliegenden Gebieten die besten Schüler. Nur 30 Prozent stammen aus Winterthur und genügen den hohen Anforderungen der MSW. Alle diese besten Schüler finden problemlos in anderen Firmen eine passende Lehrstelle. Warum sollen die Winterthurer Steuerzahler eine exklusive Lehrwerkstätte vor allem für Auswärtige subventionieren?

In Leserbriefen wird aus vielfältigen Gründen für und wider den Erhalt der MSW Stellung bezogen. Argumente dafür sind die lange, erfolgreiche Ausbildungstradition von 125 Jahren, oder das hohe Niveau der Ausbildung. Argumente dagegen sind lokale Firmen, welche die gleichen Lehrstellen ohne städtische Subventionen anbieten oder die zu teure Lehrwerkstätten-Ausbildung.

Losgelöst von Sparmassnahmen könnte eine ganz andere Sichtweise die MSW-Debatte beleben. Im Gemeinwesen soll das Subsidiaritätsprinzip zur Geltung kommen. Eine Aufgabe ist soweit als möglich von der unteren Ebene, der kleineren Einheit wahrzunehmen. Es ist also nur eine städtische Lehrwerkstätte zu betreiben, wenn keine vergleichbaren Angebote zur Verfügung stehen.

Dem Jahresbericht 2013 des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Zürich kann entnommen werden, dass im Berichtsjahr 35 052 Lehrverhältnisse zu verzeichnen waren, 3546 Lehrverträge wurden aufgelöst, etwa die Hälfte davon konnten die Lehre in einem anderen Beruf oder in einem anderen Betrieb fortsetzen – und die andere Hälfte? Eine Berufsausbildung zu absolvieren ist anspruchsvoll. Aus meiner Erfahrung als Berufsinspektor weiss ich, dass geeignete Lernende oft nicht wegen intellektueller Überforderung, sondern aus anderen Gründen wie Unpünktlichkeit, unangepasstes Verhalten, mangelnde Teamfähigkeit usw. im Ausbildungsbetrieb scheitern können. Sie müssten eng begleitet werden. Für die Lehrmeister und Lehrmeisterinnen kann aber ein längerfristiges, erhöhtes Engagement im Berufsalltag nicht immer geleistet werden. Ein Teil der 4,5 Mio MSW-Gelder der Stadt Winterthur könnte dazu verwendet werden, eine engere Begleitung von Lernenden zu ermöglichen. Es ist für ein Gemeinwesen aber auch für unser Land von Bedeutung, dass möglichst viele Menschen eine Berufsausbildung absolvieren können. Gut Ausgebildete werden seltener eine staatliche Unterstützung beanspruchen.


Haymo Empl,
30.11.2014, 113. Jahrgang, Nr. 178.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.