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«Wandzeitung» vom 24.3.2015:

Fridolins schlechte Laune:

Türen zu und Tore auf?

Wenn eine Tür geschlossen wird», plappert’s Alfons über die Lippen, «geht eine andere auf.» Die genau einmal zu viel gehörte Gassenphilosophie macht Fridolin üble Laune. Früher standen ihm allenorts die Tore offen. Nach und vor unzähligen schlafarmen Nächten aber hat er seine Geschäftstür quasi vor der Nase des letzten Kunden zugeknallt. Zugemacht, weil ihm auf einmal alle wirtschaftliche Zugänge versperrt geblieben sind.

Er, der leidenschaftliche Gewerbler, hat alle seine verehrten Mitwirkenden und ihre mit seinen Tränen unterschriebenen blauen Briefe auf die Strasse gestellt. Jetzt steht er da, wie ein geschlagener Hund, mit zerstörtem Lebenswerk und wie alle seine Fachfrauen und Handwerker ohne Erwerb. Er schaut verdattert durch Alfons durch, dankt ihm freundlich für die träfe Weisheit und latscht weiter durch den Oberen Graben.

Er arbeitet gern, will sich nicht aufs Altenteil höckeln, hirnt über alle möglichen Tätigkeiten, flitzt durch die Arbeitswelt und sucht emsig Aufträge: in zahllosen Gesprächen, ungezählten Inseraten, auf vielen Plattformen. Hunderte von Briefen und E-Mails hat er schon geschrieben und auch an prima Bekannte, gute Freunde gerichtet. Sogar sein ungeliebtes Natel hat er mit feurigen Voten heiss gequatscht. Einzelne Angepeilte haben viel versprochen, bevor sie unerreichbar geworden sind; wenige haben eine freundliche Absage erteilt; und es ist ausgiebig vermittelt worden, dass keine Antwort auch eine Antwort ist.

Sein Auftragsbuch ist leer, er pfeift aus dem letzten Loch. Aus heiterem Himmel fällt ihm die Erwerbsidee ein: Es gibt doch in den Schweizer Banken hinterzogenes Steuergeld aus der grossen weiten Welt, und deren gefühlte Eigner kommen mit ihren gefangenen Moneten zunehmend in die Bredouille. Diese armen Seelen will er entlasten, sie von der Lagerkohle befreien, indem er da und dort mit etwas Druck einen Bänkler höflich bittet, ihm so viel wie möglich grosse Noten aus den Tresoren zu holen. Geld weg, Daten weg, Fahndung weg. Freiheit für alle! Gedacht, getan: Fridolin hetzt durch zur Bankstrasse und huscht in die UBS, zieht sich die Mütze ins Gesicht, stopft seine rechte Hand bedrohlich in die Jackentasche. Er herrscht die Leute hüben und drüben des Schalters zornig an, dies sei kein Überfall, nur eine Befreiungsaktion. Sie sollten sich bäuchlings auf den Boden legen, das blonde Kassenherrlein sofort verschwinden und mit allem Schwarzgeld wieder auftauchen.

«Subito und ohne Polizeiaktion!», schreit er und meint, so wenig Gewalt würde es schon vertragen. Doch die Anwesenden geben die Apathischen, hören nichts und sehen nichts, geben keine Antwort. Da wird schamlos gegähnt und dort frivol in der Nase gebohrt. Fridli eilt verdutzt zum Bankausgang. Die Tür öffnet sich, er schleicht sich raus und doziert vor seiner Frieda: «Nicht jede Tür, die geöffnet wird, ebnet den Zugang zum neuen erfüllenden Lebensabschnitt. Doch auf einmal, nach dem ersten märzenen Sonnenstrahl, werde ich durch verschlossene Türen gehen», schwört er.

 


Guido Blumer,
24.3.2015, 114. Jahrgang, Nr. 83.

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