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«Wandzeitung» vom 1.6.2015:

Über die Zerbrechlichkeit der modernen Welt:

Stromausfall.

In seinem Roman «Blackout» deckt der Bestsellerautor Marc Elsberg packend und schonungslos die Schwächen unserer modernen und komplexen Systeme der heutigen Zeit in Europa auf. An einem Wintertag brechen in Europa, von Schweden und Italien ausgehend, alle Stromnetze zusammen als Folge einer vorbereiteten Attacke auf das europäische Energieversorgungsnetz. Bereits bis zu Seite 237 von 800 zeigen sich die ersten bedrohlichen Konsequenzen eines solchen Szenarios.

Stromausfall heisst nicht nur kein Licht, sondern auch keine Wärme, keine Lebensmittel- und Medikamentenkühlung, begrenzte Spitalleistungen etc. Fahrstühle bleiben stecken, der öffentliche Verkehr steht still, Ampeln und Lichtsignalanlagen fallen aus, was zu vermehrten Verkehrsunfällen führt. Toilettenspülungen versagen, denn das nötige Wasser wird nicht mehr in jede Etage hochgepumpt, Waschmaschinen sind ausser Betrieb. Das Benzin wird bei der Tankstelle auf andere Arten ausgegeben werden müssen, da die Tanksäulen den «Most» nicht mehr aus den Benzin- und Dieseltanks pumpen. Alle diese beschriebenen Folgen bringen weitere Konsequenzen mit sich. Ohne Melkmaschinen verenden die Kühe an ihren übervollen Eutern, denn die Landwirte können nur einen Bruchteil ihres Tierbestandes «erleichtern». Küken erfrieren, wenn die Heizungen der Hühnerzuchtfarmen nicht mehr funktionieren. Die komplexen Logistikketten, welche die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen, versagen. Bankautomaten geben kein Bargeld mehr aus, die Kassensysteme der Läden sind lahmgelegt.

Während Pfadilagern helfen sich die Menschen noch gegenseitig. Aber wie steht es mit der Nächstenliebe, wenn um Nahrung, Wasser und Medikamente gekämpft wird? Mit zunehmender Not wird wohl auch die Nachbarschaftshilfe abnehmen. Überleben wird wichtiger. Die Kriminalitätsrate steigt massiv an. Plünderungen sind an der Tagesordnung. Die staatlichen Kräfte, die für Ruhe und Ordnung sorgen müssen, sind überfordert.

Szenenwechsel: Mit der Sicherheitsverbundsübung 2014 hat der Bundesrat alle Sicherheitskräfte unseres Landes aufgeboten, um die Entscheidungsprozesse und Konzepte des Bundes, der Kantone und einiger Städte – auch Winterthur – in einer Notsituation zu prüfen. Nur schon dem einfachen Grundsatz «In der Krise Köpfe kennen» konnte so Nachachtung verschafft werden. Ausgehend von einem grösseren Stromausfall wurden Szenarien geprüft, neu gedacht und Konzepte erstellt, wie solchen Problemen zu begegnen sei. Wer soll über alle drei Staatsebenen hinweg wann welche Entscheidungen treffen? Welche Absprachen sind nötig? Was leistet die Privatwirtschaft an eine solche Krise? Wie arbeiten Staat und Wirtschaft zusammen? Wie wird reagiert, wenn mehrere Kantonsspitäler ihre Ärztinnen und Ärzte der Schweizer Armee nicht zur Verfügung stellen? Nach welchen Kriterien unterstützt der Bund die Kantone? In welcher Reihenfolge?

Gouverner c’est prévoir. Die Verantwortlichen müssen vorausschauen, das Unmögliche denken und das Machbare und Vernünftige vorkehren. Und was kann ich zuhause tun: Guter Rat, Notvorrat. Auch in Friedenszeiten. Marc Elsberg, Blackout, Morgen ist es zu spät, 14. Auflage, München 2012.


Michael Künzle,
1.6.2015, 114. Jahrgang, Nr. 152.

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