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«Wandzeitung» vom 6.4.2015:

Wer bezahlt?

Balance ist aus dem Gleichgewicht.

Im März präsentierte der Winterthurer Stadtrat das mit grosser Spannung erwartete Sparpaket «Balance», mit dem jährlich über 40 Millionen Franken eingespart werden sollen. In der Einführung zu «Balance» erklärt der Stadtrat, wie es zu diesem grossen Loch kommen konnte: Auf der einen Seite entgehen der Stadt Jahr für Jahr zirka 40 Millionen Franken wegen revidierter Steuergesetze: Kapitalgewinnsteuer, Grundstückgewinnsteuer, Handänderungssteuer sowie durch die Senkung des Steuerfusses in den letzten Jahren. Auf der anderen Seite sind Kosten im Sozial- und Schulbereich stark gestiegen. Das ist, grob gesagt, die Ausgangslage.

Ich nehme nicht für mich in Anspruch, dass ich die ideale und einzig richtige Lösung habe, wie die Stadtfinanzen ins Lot zu bringen sind. Aber es scheint mir doch sehr offensichtlich, dass «Balance» recht einseitig daherkommt.

Vorerst: Es gibt diverse Massnahmen in diesem Sparprogramm, die wohl kaum umstritten sein werden. Es war gut, die lange eingespielten und wenig hinterfragten Abläufe innerhalb der Stadt zu durchleuchten und sich zu überlegen, wo Doppelspurigkeiten beseitigt werden können, wo durch Zusammenlegungen Synergien genutzt werden können, kurz, wo es Optimierungspotenzial gibt.

Was ich aber partout nicht verstehe, ist, wie der Stadtrat behaupten kann, mit «Balance» sei ihm ein Coup gelungen, der viel bringe. Vorläufig belaufen sich die geplanten Sparbeträge auf insgesamt 43 Millonen Franken, die aber die Bevölkerung nicht schmerzhaft treffen. Von welchem Teil der Bevölkerung sprechen wir hier?

Die Bezügerinnen und Bezüger von AHV- und IV-Gemeindezuschüssen wird es auf jeden Fall sehr schmerzhaft treffen! Im Durchschnitt werden sie monatlich auf 84 Franken verzichten müssen. Bei Familien mit Kindern kommen schnell einmal ein paar Hundert Franken zusammen, die ihnen in Zukunft fehlen werden.

Bei einer – ursprünglich einmal vorgesehenen, nun aber wieder verworfenen – Erhöhung des Steuerfusses um 5 Prozent wäre der Beitrag an die Sanierung der Stadtfinanzen meiner Familie knapp 300 Franken gewesen. Wer auf 84 Franken Gemeindezuschüsse verzichten muss, leistet somit einen mehr als dreimal so hohen Beitrag. Und der Beitrag einer Familie mit Kindern, deren Zuschüsse um monatlich 300 Franken gekürzt werden, beläuft sich auf das 12-fache dessen, was ich im Fall dieser Steuererhöhung mehr hätte bezahlen müssen.

Unter dem Namen «Balance» hätte ich ehrlich gesagt etwas Ausgewogeneres erwartet. Für mich ist es unhaltbar, dass diejenigen, die kaum etwas haben, einen so grossen Anteil an die Korrektur des strukturellen Defizits leisten sollen, und gleichzeitig wird nicht einmal in Erwägung gezogen, bei der Struktur anzusetzen, die zum Defizit geführt hat. Das würde unter anderem heissen, man müsste die angehäuften Steuerausfälle der letzten Jahre wieder korrigieren.

Für mich ist klar, was ich als nächstes tun muss: Am 12. April lehne ich die geplante Kürzung der Gemeindezuschüsse entschieden ab. Und ich wähle Leute in den Kantons- und Regierungsrat, die sich für ein solidarisches Steuersystem und für eine faire Verteilung der Kosten für die soziale Wohlfahrt einsetzen.


Christa Benz-Meier,
6.4.2015, 114. Jahrgang, Nr. 96.

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