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«Wandzeitung» vom 8.5.2015:

Dies ist keine Motzkolumne:

3 Minuten 04.

Dies hier ist meine erste Kolumne in der «Wandzeitung». Sie heisst 3 Minuten 04. Sie könnte auch 184 Sekunden betitelt sein. Ist sie aber nicht. 3 Minuten 04: So lange brauche ich von meinem Zuhause zu meinem Arbeitsplatz beim Radio Stadtfilter. 3 Minuten 04 ist nicht lang und kann doch eine Ewigkeit sein. In diesen 3 Minuten 04 überlege ich mir einiges. Beobachte. Denke. Laufe. Laufen, ein passendes Thema. Gar nicht so einfach. Dank dem Lifting der Rudolfstrasse riskiere ich tagtäglich beim Laufen mein Leben. Die Parkhaus-Rampe, die mag ich schon jetzt nicht. Die Baustelle für die Rampe 2.0 ist so günstig platziert, dass ich (und die anderen Fussgänger, die doch einige am Tag sein werden) jedes Mal beim Überqueren des schwer sichtbaren Fussgängerstreifens an der Ecke Rudolfstrasse-Konradstrasse, mein Leben aufs Spiel setze. So günstig ist die Baustelle für die neue Autorampe platziert, dass die Fussgänger nicht um die Ecke sehen. Ergo sehen sie auch die heranfahrenden Velofahrer nicht. Eine schwierige Situation für beide Parteien.

Meine erste «Wandzeitung»-Kolumne soll aber keine Motzkolumne werden. Denn Nörgler und Pessimisten mag ich gar nicht und so bin ich auch nicht. Ich bin eine Ästhetik liebende Person. Eine, die das Schöne und Gute sieht und mag und fotografisch festhält. Instagram heisst das Wunderding. Ja, ich weiss: Es ist böse, weil es zu Facebook gehört und es alle benutzen und überhaupt ... Ich mag es trotzdem. Aus einem grauen Tag wird dank Crema (leicht glänzend, nicht übertrieben) ein romantischer Tag. Amaro (grünlicher Stich, der Frische und Lebensfreude verleiht) zaubert aus jedem noch so langweiligen Blumenbeet einen verspielten Garten voller Zauber und Fantasie. Und mit Earlybird werden Sie vintage und cool daher kommen und beim Gegenüber bestimmt punkten. Selbstinszenierung ist das Zauberwort. Bäume, Erdbeertörtchen, Wolken, Hunde, Cowboyboots, Margeriten und sogar Fussgängerstreifen erhalten dank Fotofiltern und Hashtags einen neuen Glow. Und Gläser, Hirsche und Sternchen rücken dank Contrast und übertriebene Saturation ins richtige Licht. Sie vermitteln den Freunden und Followers das Gefühl, dass man total erfüllt und glücklich durch das Leben schreitet und es nichts Besseres gibt, als sich selbst zu sein. Ob es stimmt? Das wissen nur Sie. Ich für mich weiss, dass ich auf meinem Instragram-Account nur das Schöne, Liebevolle, gar Perfekte präsentiere. Und das auch noch so beschrifte/betitle/tage, dass es möglichst viele Menschen auf der Welt anschauen und liken. Selbstinszenierung. Selbsttäuschung. Selbstbefriedigung.

Vielleicht, wenn ich beim Laufen weniger auf mein Smartphone schauen und irgendeinen Filter auf ein x-beliebiges Foto jassen würde, ja vielleicht hätte ich dann eine Chance heil die Ecke Rudolf-Konradstrasse zu überqueren. Oder aber ich fotografiere mir den Tatort schön und schaffe aus einer Unannehmlichkeit Schönheit.

Falls Sie möchten: Besuchen Sie mich (orianajade) auf Instagram und vielleicht liefere ich Ihnen heute die passende schöne Antwort.


Oriana Ziegler-Somarriba,
8.5.2015, 114. Jahrgang, Nr. 128.

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