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«Wandzeitung» vom 11.10.2015:

Jeden Tag werden Menschen gejagt:

Teilen - nicht Mauern bauen!

Die nationalen Wahlen stehen vor der Tür und die Prognosen verheissen nichts Gutes. Die Schweizer Politik wird wohl noch einen weiteren Schritt nach rechts machen und die sogenannte Volkspartei, die seit Jahren das Thema Asyl angstverbreitend und erfolgreich bewirtschaftet, wird sich einmal mehr als Wahlsiegerin feiern können. Dieses Resultat wird zwar zu keinem einzigen Lösungsansatz des Problems führen, das uns auch zukünftig stark beschäftigen wird – aber die Stimmung gegen Fremde und Fremdes in unserem Land wird noch mehr angeheizt werden. Die Emotionen gehen nach wie vor hoch beim Asyl-Thema und sachliche Diskussionen über die Ursachen zu führen scheint fast unmöglich: in der Schweiz genauso wie in den übrigen europäischen Ländern. Der Zusammenbruch des Ostblocks und die danach mit unglaublicher Geschwindigkeit und Rücksichtslosigkeit aufgegleiste Globalisierung der Märkte und des Kapitals zeigen auch in diesem Bereich ihre Auswirkungen: die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer grösser – die Dritte Welt steht plötzlich vor der Tür und pocht auf ihr Recht zum Ueberleben. Soviel steht fest: Die Vereinheitlichung des kapitalistischen Weltsystems in den vergangenen Jahrzehnten hat die Lebensbedingungen der Menschheit nicht verbessert, sondern dramatisch verschlechtert. Immer grössere Teile der Weltbevölkerung fallen aus der Konkurrenzfähigkeit heraus. In demselben Masse, wie sich Armut, Elend, Hunger, epidemische Krankheiten und Bürgerkriege über den Planeten ausbreiten, wird die Kategorie «Flüchtling» oder «Asylant» zum erstrangigen Politikum. Noch niemals in der Geschichte gehörte es für derart viele Menschen zum Normalzustand, sich in irgendeiner Weise auf der Flucht zu befinden.

Als vermeintliche Gegenmassnahme, wurden und werden flächendeckend die Asyl-, Ausländer- und Migrationsgesetze drastisch verschärft. «Hereinlassen» will man nur eine kleine Minderheit von Hochqualifizierten, Investoren, Spitzensportler und so weiter. Der Weltkapitalismus will nicht die geringste Verantwortung für seine Opfer übernehmen. Die «Festungen» Europa, Nordamerika und Australien schotten sich gegen die Unwillkommenen ab. Die Mittel dazu kommen einem merkwürdig bekannt vor: Mauer- und Stacheldraht, Todesstreifen, Schiessbefehl. An den «eisernen Vorhängen» werden jeden Tag Menschen gejagt.

Die vor sich gehende, brutale und grausame Einteilung der Welt in wenige reiche Länder mit Menschen, die im Überfluss leben und in arme mit Menschen, die zunehmend als überflüssiger und lästiger Ballast behandelt werden, ist unmenschlich. Wenn sich in den Köpfen und Herzen der Bevölkerung in den reichen Ländern nicht in absehbarer Zeit ein Umdenken und -fühlen bewirken lässt, befürchte ich noch Schlimmeres als die Wahlsiege der SVP und die Annahme weiterer Initiativen dieser Partei. Denn die Flüchtlingsströme werden ohne Bereitschaft zum Teilen unsererseits trotz Menschenjagd noch mehr anschwellen, weil eben auch die Krisenkonkurrenz der Weltmarktwirtschaft sich von Jahr zu Jahr verschärft. Die Ökonomie des Mauerbaus kann nur scheitern – auch in diesem Fall!

 


Ludi Fuchs,
11.10.2015, 114. Jahrgang, Nr. 284.

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