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«Wandzeitung» vom 19.2.2016:

Schnüerlischrift ade:

Ciao.

Ciao Schnüerlischrift. Jahrzehntelang im Gebrauch, schön oder nicht – sie war obligatorisch. Nach zwei Jahren Steinschrift kam dann in den Schulen die Schnüerlischrift zur Anwendung. Ich gestehe, dass ich sie gehasst habe, wahrscheinlich schrieb ich deshalb so grässlich. Meine Lehrerinnen und Lehrer massregelten mich immer wieder. Nutzeffekt null. Heute schreibe ich meine sehr sehr persönliche Schnüerlischrift, die zwar meistens leserlich ist, aber als schön kann man sie nicht bezeichnen. Im Lauf meiner Zeit als Lehrer konnte ich feststellen, dass viele Schülerinnen und Schüler an der zusammengehängten Schrift auch nicht viel Spass hatten und das Schriftbild entsprechend war.

Heute nun schlägt die Stunde des Abschieds: Schnüerlischrift ade. Was da neu kommt, sind unverbundene Buchstaben in ziemlich suboptimaler Schönheit – die Aufsätze der Jugendlichen werden nicht viel besser aussehen als früher – Feinmotorik und Spass an einer gewissen Aesthetik waren und sind bei allen Handschriften gefragt,

Was mich wirklich erstaunt, ist die Tatsache, dass die Zürcher eine Extrawurst wollen. Die Luzerner haben – rechtzeitig – ein Lehrmittel herausgebracht, das die neuen Buchstabenschrift lehrt; zwar habe ich es nicht vollständig durchgearbeitet, aber es scheint immerhin zu taugen. Für Zürich geht das aber nicht: Die Zürcher wollen das nicht wie andere Kantone übernehmen, sondern wollen ein eigenes Lehrmittel schaffen. Das braucht Zeit und Geld. Der Kantönligeist treibt wieder einmal tolle Blüten und die Lehrer werden um ihre Meinung erst gefragt, wenn es schon fertig gedruckt vorliegt – Einwände können erst bei einer Neuauflage berücksichtigt werden. Da lob ich mir Arnold Schwarzenegger. Er ist zwar nicht mein Lieblingsschauspieler, aber als Gouverneur von Kalifornien hat er im Bildungsbereich vorgeschlagen, die teuren und schweren Schulbücher abzuschaffen und durch elektronische Lesegeräte mit Internetanbindung zu ersetzen. Erstens müssen dann die Schülerinnen und Schüler keine schweren Rucksäcke mehr herumschleppen, zweitens können Fachleute genau die Inhalte individuell auf den Reader laden, drittens können Verbesserungsvorschläge oder Änderungen sofort und mit wenig Aufwand realisiert werden und viertens kann man mit diesem System einen Haufen Geld sparen. Bei diesen Stückzahlen der Reader hat ein Exemplar weniger als ein Schulbuch gekostet.

Als ich vor einigen Jahren in einem Lehrmittelanlass davon gesprochen habe, wurde ich fast ausgelacht. Ich hatte mit Schwarzenegger telefoniert und mich nach den Ergebnissen erkundigt. Der ehemalige Österreicher (man hat ihm die Staatsbürgerschaft aberkannt, vor allem weil er vehement für die Todesstrafe ist) gab mir bereitwillig Auskunft. Bei uns ist eine solche Umstellung nicht möglich. Einmal, weil wir kein nationales Bildungssystem haben – Bildung ist Kantonssache, zweitens, weil wir gerne drucken – obwohl nun schon einiges in China (jawoll) gedruckt wird, was nur wenige wissen ...

Wir können neugierig sein, wie wohl die Aufsätze in der neuen Schrift daherkommen. Den Lehrpersonen drücke ich die Daumen bei der Einführung der neuen Schrift. Viel Spass ...


André Bernhard,
19.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 50.

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Standpunkte:

20.2.2016, 08:58 Uhr.

Herbert Danzer schrieb:

Haben Sie die Information, dass Schwarzenegger die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, von ihm selbst? Ich wusste bisher nur von zehn Jahre alten Forderungen, sie ihm abzuerkennen. Interessant sind ja seine eigenen Erinnerungen an die Verleihung der amerikanischen Staatsbürgerschaft in seiner Autobiographie «Total Recall»:
«Ich hatte mich als Amerikaner gefühlt, seit ich zehn war, doch jetzt erst wurde ich wirklich einer. Als ich die Hand hob und den Schwur nachsprach, lief es mir kalt über den Rücken, und ich spürte Gänsehaut am ganzen Körper.» – «Ich wollte immer nach oben, erklärte ich den Journalisten, und Amerikaner zu werden ist für mich, als würde ich in die Siegermannschaft aufgenommen werden.»


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