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«Wandzeitung» vom 3.12.2016:

Mit Büchern und Torten:

Bischof Bartsch.

Bischof Bartsch? Gibt’s nicht. Aber dafür gibt es Beni Bischof und Christine Bartsch. Es mag sein, dass Sie beide nicht kennen. Ich kenne sie nur durch Bücher und Mails und Telefonate. Das Besondere ist, dass mich beide Menschen auf eine besondere Art faszinieren: durch die Art, wie sie denken und schreiben. Und da ist mir ein folgenschwerer Lapsus (ein Freudscher?) passiert: Ich wollte eine Kolumne mit dem Titel «Mein Leben mit Toten» schreiben und im Titel kam dann halt raus «Mein Leben mit Torten», da hätte ich ja cool über den Lyner-Beck schreiben können oder über unseren Vollenweider. Aber eigentlich wollte ich über das unglaubliche Buch von Christine Bartsch schreiben, auf das ich über einen Tagi-Artikel gestossen bin. «Das Gefühl der Kälte». Christine Bartsch ist Rechtsmedizinerin und Chefin der Abteilung Rechtsmedizin der Universität Zürich. Das Buch, spannend von der ersten bis zur letzten Seite, handelt von Obduktionen, vom Leben in den Sektionssälen, vom Aufschneiden und Zusammennähen von Leichen, denen ein ungewöhlicher Tod diesen Aufenthaltsort beschert hat. Es könnte ein reisserisches Buch geworden sein oder ein grauenhafteres – wer befasst sich schon gerne mit Toten, mit Leichen, mit Obduktionen? Frau Bartsch natürlich! 16 Jahre hat sie Leichen seziert, über 2000 Gutachten geschrieben, und nun ihr erstes Buch, das in Deutschland jedenfalls ein absoluter Renner ist. Christine Bartsch hat ein grosse Lesereise gemacht und ist – leider habe ich das verpasst – auch in Winterthur und Zürich aufgetreten. – Der nächste Lesetermin ist in Berlin, irgendwann im Frühling, denn Frau Bartsch verlässt die Uni Zürich und geht – diesmal aber richtig – in die Kälte. Sie verreist in diesen Tag für vier Monate in die Antarktis und leitet dort ein Forschungsprojekt.

Warum ich das weiss? weil ich mit Frau Professor telefoniert habe. Sie wissen vielleicht bereits, dass ich ein neugieriger Mensch bin und immer – wenn es möglich ist – bei interessanten Büchern, Filmen, Theater- Konzert- oder Opernaufführungen – mit den Urhebern oder Interpreten sprechen will. Interessant dabei ist, dass die meisten dieser herausragenden Menschen Zeit und Bereitschaft haben, sich mit Fremden zu unterhalten. Oft reicht es mir, meine Begeisterung zu zeigen, aber manchmal ergeben sich spannende Gespräche und Begegnungen. Wegen meiner fürchterlichen Lesesucht (ja, das ist es tatsächlich, mein Bücherbudget) habe ich Dürrenmatt, Frisch, Messiaen, Celibidache, Karajan und viele andere Persönlichkeiten kennen gelernt. Und nun eben Frau Bartsch, die vom Erfolg ihrer Premiere sehr überrascht war. Der Verlag übrigens auch: Weitere Projekte vom Hörbuch bis zum Roman sind schon in der Pipeline.

Und daneben habe ich Beni Bischof im neuen «Buch am Platz» entdeckt: Ein eigenwilliger Maler und Schriftsteller, der im Patrick-Frey-Verlag zwei Textbände herausgebracht hat. Beides nebeneinander zu lesen ist äusserst spannend: Auf der einen Seite die präzise kühle Seite der Wissenschafterin, auf der anderen Seite den witzigen, sarkastischen und originellen Ostschweizer. «Wenn Niveau eine Hautcrème wäre, hättest du ziemlich trockene Haut.»

 


Andre Bernhard,
3.12.2016, 115. Jahrgang, Nr. 338.

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