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«Wandzeitung» vom 18.10.2016:

Teil 2:

Moby, der Zirkuselefant.

Elina, die Tante von Zirkuselefant Moby, machte sich Sorgen um Moby, der seit einiger Zeit sehr bedrückt war. Weil er mauerte, wollte sie von Samirah, seiner kleinen Schwester, wissen, ob sie eine Ahnung habe warum. Sie unterbrach das Spiel vom Elefantenmädchen ungern, aber Samirah kam bereitwillig mit, um nach ihrem Bruder zu sehen.

«Hallo, grosser Bruder, wie geht’s?» Samirah warf ihm ein bisschen Heu zu. Sie wusste, dass sie sich das erlauben konnte. Von ihr liess er sich alles gefallen. «Na du, was läuft?» Moby drehte sich seiner Schwester zu und stupste sie sanft an. «Das wollte ich dich fragen. Du bist so komisch in den letzten Tagen», sagte sie und schlenkerte mit dem Rüssel hin und her. «Findest du?» Moby tat so, als wisse er nichts davon. «Absolut! Was ist los mit dir?» Samirah liess sich nicht beirren. Moby liess den Kopf hängen und sagte traurig: «Ich glaube die Leute mögen mich nicht mehr.» Samirah war überrascht. «Wie kommst du denn darauf?» Sie schaute ihn mit grossen Augen an. «Na, das Publikum klatscht nur noch höflich, wenn ich meine Kunststücke gemacht habe. Und die Clowns machen sich über mich lustig. Die sahnen den ganzen Erfolg ab.» Moby kam so richtig in Fahrt.

Seine Schwester wurde nachdenklich und schlug sich mit dem Rüssel mal rechts, mal links auf den Rücken. «Na ja, da hast du schon irgendwie Recht. Aber ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass die Menschen dich nicht mögen.» Moby hörte gut zu. «Woran mag es dann liegen?» Samirah machte einen Schritt rückwärts. Sie flatterte mit den Ohren und sagte unsicher: «Bist du sicher, dass du nicht böse wirst, wenn ich dir sage, was ich denke?»

Mobys Neugierde war endgültig geweckt. Er stand so aufrecht da wie schon lange nicht mehr. «Wie kommst du denn darauf? Bin ich schon jemals böse gewesen auf dich?» Samirah war ermutigt, wollte es aber sicher gehen. «Einmal könnte das erste Mal sein.» Moby warf den Kopf in den Nacken und sagte feierlich: «Ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich nicht wütend sein werde.» – «Na gut.» Samirah holte tief Luft bevor sie sagte: «Dein Programm ist langweilig.» Moby erschrak so sehr, dass er in sich zusammenfiel. Er drehte sich wieder der Wand zu, damit seine Schwester nicht sah, dass seine Augen unter Wasser standen. «Siehst du, nun bist du doch wütend», sagte das Elefantenmädchen traurig. «Dabei habe ich es doch nur ehrlich gemeint.» Das traf Moby noch tiefer ins Herz. «Lass mich jetzt allein.» Er brachte die Worte fast nicht heraus. Samirah war noch jung und manchmal etwas vorlaut. Aber sie hatte ein grosses Herz und sie liebte ihren Bruder über alles. Und trotzdem hatte sie heute eine Grenze überschritten.

«Moby …», sagte sie hoffnungsvoll. Doch Moby warf nur seinen Rüssel nach hinten, was soviel hiess wie: Geh jetzt! Samirah trottete traurig zu ihrer Mutter und fing an zu heulen. Anina und die anderen erschraken. Das hatte es noch nie gegeben. Streit unter den Geschwistern? Als sich das Elefantenmädchen beruhigt hatte, musste es erzählen, was vorgefallen war. Als sie sagte, dass Mobys Programm langweilig sei, trompeteten die Elefanten vor lauter Empörung auf.


Momo Appenzeller,
18.10.2016, 115. Jahrgang, Nr. 292.

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