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«Wandzeitung» vom 9.2.2016:

EIN SATZ:

Aufklärung.

Die Welt ist ein grosser Viehstall, der nicht so leicht wie der des Augias gereinigt werden kann, weil, während gefegt wird, die Ochsen drin bleiben und immer neuen Mist anhäufen. HEINRICH HEINE

Mit Aufklärung meine ich nicht das, was der Vater mit der Tochter an der Schwelle zum Eintritt in die Pubertät oder die Integrationsarbeit mit den Jungs aus archaischen Kulturen an der Schwelle zu ihrem Austritt betreibt. Jenen, die nicht wissen, was ja und nein zwischen Männlein und Weiblein bedeutet. Die Kommunikation zwischen Männlein und Männlein bzw. Weiblein und Weiblein sprengt den Rahmen des Texts, sie ist in den archaischen Kulturen erst recht kompliziert, wie auch in der CVP. Nein, es geht darum, wie wir mit Gefühlen, Intuitionen und Vorurteilen umgehen, wenn sie auf Fakten treffen. Personen mit instabilem Realitätsbezug einstweilen ausgeschlossen.

Gehen wir davon aus, wir haben ein gefestigtes Bild, beispielsweise von der Unfähigkeit von Behörden. Es ist uns quasi in die Wiege gelegt, weil wir das Wohlergehen, das wir erfahren, unserer eigenen Unübertrefflichkeit zuschreiben, für jede Unbill jedoch, die über uns hineinbricht, eine verantwortliche Institution gesucht und gefunden haben. Dass wir für Behörden angesichts umfassender demokratischer Mitwirkungsrechte bis zu einem hohen Mass mitverantwortlich sind, blenden wir aus. Wir wollen auch jetzt nicht von einem instabilen Realitätsbezug sprechen, noch nicht.

Gutachter finden in einem unlängst öffentlich gewordenen Fall heraus, dass Behörden nicht für eine konkrete Handlung einer Person verantwortlich sind. Sie finden es sogar mit einer nachvollziehbaren Begründung heraus. Und auch die mediale Berichterstattung verschliesst sich der gutachterlichen Argumentation nicht. Nur in Blogs und Onkenrufen tobt der Widerstand.

Natürlich sind Gutachter nicht sakrosankt. Und abhängig von den Auftraggebern. Und unser Hang, uns unsere Entscheide, wenn nicht gerade von Experten abnehmen zu lassen, dann doch ihre Inputs in zu hohem Mass zu berücksichtigen, gewissen Experten geradezu hörig zu sein, ist nicht von Gutem. Nur können sie ausnahmsweise trotzdem Recht haben.

Es ist wichtig, sich aufgrund der vorhandenen Fakten ein eigenes Bild zu machen. Der Experte macht übrigens nicht die Fakten. Und er macht auch nicht das Bild. Das machen wir uns. Wenn die Schere zwischen Fakten und Bild zu sehr klafft, spricht man von instabilem Realitätsbezug. So, hier ist er.

Er kann in der politischen Propaganda leicht durch verzerrte Faktendarstellung erzeugt werden. Beispielsweise, wenn suggeriert wird, es ginge bei einer Durchsetzung einer Norm um deren Verwirklichung und nicht in Tat und Wahrheit um etwas Neues. Oder man uns vorschwatzt, auf Vorrat zu erstellende Bauwerke später nicht benutzen zu wollen. Dass sich die Beispiele vermehren lassen, und geradezu karnickelhaft vermehren, ist unzweifelhaft.

Zweifelhaft ist bloss – Experten sind sich nicht einig, und auch meine zwei Seelen in meiner Brust nicht – ob die Propaganda auf einem instabilen Realitätsbezug ihrer Urheber beruht oder ihn nur beim Publikum schafft.

 


Adrian Ramsauer,
9.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 40.

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Standpunkte:

17.2.2016, 10:17 Uhr.

Haymo Empl schrieb:

Die erwähnte, verzerrte politische Propaganda macht mich wütend und auch hilflos. In den von Adrian Ramsauer erwähnten Beispielen wurden schon unzählige Leserbriefe geschrieben. Es ist Alles gesagt, was zu sagen ist. Die Aussagen in Form von Schlagworten auf Plakaten wirken mehr als all die unzähligen Leserbriefe. Massgebend sind die finanziellen Mittel und nicht gut begründete Argumente in Leserbriefen.


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