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«Wandzeitung» vom 4.5.2016:

Mehr und mehr Verständnis für die Auslagerung:

Aquifer.

Irgendwann im Juni 1982 bin ich in die Bluemi eingezogen. Die Bluemi ist unser altes Arbeiterhaus, welches mein Urgrossvater im Jahre 1904 aus einem Konkurs ersteigert hat. Meine Vorfahren waren auf eine pragmatische Art und Weise innovativ: Sie nutzen Gas-Licht, montierten eine Waschmaschine im Kupferzuber und vieles mehr. Bei jeder Renovation finden sich kleine Trouvaillen aus vergangener Zeit.

Meine Generation stand dem in nichts nach: Als wir das Dach neu decken liessen, isolierten wir, der Verputz wurde mit Kieselfarbe angemalt. Wir wählten einen der ersten Niedertemperatur-Gasheizkessel mit Kondensationssystem. Das war zu Beginn des Jahres 1991, just zur Zeit der Geburt meiner Tochter. Mit der Photovoltaik auf dem Dach bin ich zufrieden, sie liefert uns den Strom für den Wärmepumpenboiler mit Smartgrid-Funktion, den Stadtwerk montiert hat. Der jährlich erzeugte Strom wird in etwa den halben Hausverbrauch decken. Bleibt der Ersatz der Heizung. Da war ich bis vor kurzem zuversichtlich – ich hoffte auf Aquifer.

Vor einiger Zeit nämlich stiess ich auf einen Artikel in der Lokalzeitung, in dem über dieses innovative Projekt berichtet wurde. Hier im Neuwiesenquartier soll er entstehen, der Grundwasser-Wärmepumpen-Verbund. Cool. Ich freute mich, rief bei Stadtwerk an und liess mich auf die Interessenten-Liste setzen. Spannend fand ich, dass sich im Quartier bereits ein solches Heizsystem im Bau befindet.

Finde ich super, innovativ! Wenn sie noch mit Photovoltaik den Strom für die Wärmepumpe erzeugen, ist es so, wie ich es mir selber wünsche. Nur geht das jetzt leider nicht. Denn der Gemeinderat hat das Projekt gestoppt. Wegen der Wärmering-Affaire in Frauenfeld. Das bedeutet, dass ich mich nach einem Ersatz der Gasheizung umsehen muss, weiterhin von Putins Gas abhängig bin, statt bald die bereits vorhandene Grundwasserwärme nutzen zu können.

Ich verstehe das nicht. Ich versteh den ganzen Aufschrei um den Frauenfelder Wärmering nicht. Mit innerlichem Kopfschütteln verfolge ich die Berichterstattung dazu und sie ärgert mich, beginnt mich gleichzeitig zu langweilen. Was ich aber weiss: Wir müssen dringend unseren ökologischen Fussabdruck verringern, vor allem auch im Hinblick auf den CO2-Ausstoss. Wir brauchen dringend Innovation! Wir brauchen Menschen, die den Mut haben, Neues auszuprobieren. Umsichtig auf mögliche Planungen und Finanzierungen schauen. Das macht Stadtrat Matthias Gfeller. Dass auch einmal Probleme auftauchen, einmal etwas schief gehen kann, liegt auf der Hand. Da die städtischen Werke aber seit Jahren mit Millionenbeträgen den städtischen Haushalt subventionieren, sind die Mittel vorhanden, auch einen Rückschlag verkraften zu können, wenn es denn dazu kommen sollte. Dies gilt es völlig unabhängig von der damaligen Abstimmung über einen 70-Millionen Kredit klar zur Kenntnis zu nehmen. Denn dieser Kredit hat rein gar nichts mit dem Wärmering Frauenfeld zu tun, sondern mit umsichtiger Unternehmensplanung. Ich stehe Verselbstständigungen grundsätzlich kritisch gegenüber. Die dilettantische Diskussion zur «Affaire» schafft bei mir aber mehr und mehr Verständnis dafür.


Marlies Bänziger,
4.5.2016, 115. Jahrgang, Nr. 125.

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