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«Wandzeitung» vom 11.10.2016:

Das Ziel muss eine andauernde, nachhaltige, strategische Partnerschaft sein.

Vertrauen schaffen.

In Zeiten eines gestörten Verhältnisses zwischen der EU, den USA und Russland müssen wir uns auf allen Ebenen der Politik, der Kultur, der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Medien um Deeskalation bemühen. Alle Seiten können einen Beitrag dazu leisten, wenn sie in gegenseitigem Respekt und Verständnis miteinander umgehen. Um Missverständnissen vorzubeugen, unterscheide ich zwischen «Verständnis von und für». Mich befremdet die Diskussion um die «Putinversteher». Aus meiner Sicht eine unzulässige Etikettierung. Es erscheint mir bedenklich, dass «verstehen», «Verständnis» negativ besetzt sind, da diese Wörter die Grundlage menschlicher Kommunikation sind. Verständnis für Russland bedeutet, seine Beweggründe für jedes Handeln, seine Sichtweise, auch bei der Besetzung der Krim zu begreifen. Das heisst nicht, dass ich Verständnis für die Annexion der Krim oder für die militärische Intervention in der Ost-Ukraine aufbringe. Beim Nachdenken über die verfahrene politische Lage macht es keinen Sinn, gegenseitige Schuldzuweisungen der Beteiligten vorzunehmen. Fest steht, dass auf beiden Seiten, sowohl der des Westens als auch der Russlands erhebliche Fehler gemacht wurden, sonst stünden wir nicht da, wo wir heute stehen. Politisch klug hat sich keine der Konfliktparteien verhalten. Die EU nicht, weil sie sich ahistorisch verhalten hat, indem sie unsensibel war gegenüber den Interessen Russlands an seiner Stammheimat. Die Ukraine ist für Russland kein Land wie jedes andere. Russland nicht, weil es nach dem Zerfall der Sowjetunion seine Traumata nicht überwunden hat, nicht mehr Weltmacht und von NATO und EU eingekreist zu sein. Bedenken muss man hierbei, dass Russland nach 1990 der grosse Verlierer war. Richtig ist, dass nach 1990 die NATO sich kontinuierlich bis an die russischen Grenzen ausgedehnt hat, was von Russland als Bedrohung empfunden wird. Seit Peter dem Grossen (1672–1725), ist das Schicksal Russlands eng mit Europa, das Schicksal Europa eng mit dem Russlands verbunden. Wir sind auf gute Nachbarschaft angewiesen, da weder Russland die EU noch die EU Russland dominieren kann. Wenn dem so ist, dann reicht es nicht aus, sich mit einem Modus Vivendi zufrieden zu geben, vielmehr ist konstruktive Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil zu suchen. Die grösste Hürde auf dem Weg zu diesem Ziel, liegt im gegenseitigen Sich-misstrauisch-belauern. Ohne die Wiederherstellung eines gegenseitigen Vertrauens werden die Spannungen dramatisch zunehmen. Mehr und mehr folgen sie schon jetzt dem bekannten Mustern des Kalten Krieges. Die Rhetorik ist dafür nur ein Symptom. Erst wenn die gegenseitige Propaganda eingestellt ist, alle Sanktionen aufgehoben sind, kann ein Klima des Vertrauens geschaffen werden, in dem Verhandlungen Erfolg versprechen. Das Ziel muss eine andauernde, nachhaltige, strategische Partnerschaft sein. Gelingen wird dies nur, wenn wir Idee und Praxis, Vernunft und Vision zu einem Dialog der Übereinstimmung statt wie bisher der Gegensätze entwickeln. Die dafür notwendige Maxime politischen Handelns muss einem Grundgedanken Richelieus folgen, der Politik als die Kunst verstand, das Notwendige möglich zu machen. Das vordringlich Notwendige ist, zwischen Ost und West ein Klima des Vertrauens zu schaffen.


Ludi Fuchs,
11.10.2016, 115. Jahrgang, Nr. 285.

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