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«Wandzeitung» vom 12.12.2016:

Ich bin müde vom Rechtfertigen und möchte eigentlich nur eins sagen:

Hasta siempre, Comandante!

Als ich am Samstag, 26. November 2016 um 7 Uhr, durch das Radio vernahm, dass Fidel am Vortag gestorben war, musste ich weinen. Ich nehme an, das ist für viele nicht nachvollziehbar, aber Fidel gehörte zu meinem Leben und wird immer dazugehören. Der Comandante en Jefe wurde 90 Jahre alt, ein schönes Alter, man wusste, dass er krank war, aber noch immer bei vollem Bewusstsein und klug wie eh und je. Aber eben, der Tod eines Menschen schockiert immer. Papá Fidel, wie ihn viele Kubanerinnen und Kubaner nennen – die, die auf Kuba leben und nicht die in Miami – war für viele quasi ein Familienmitglied. Auf Kuba wehten die Fahnen mindestens bis zum 4. Dezember 2016 auf Halbmast und auf der kubanischen Botschaft in Bern konnte man sich bis dann im Kondolenzbuch eintragen.

In diesem Beitrag möchte ich mich nicht rechtfertigen, weshalb ich Fidel mag, das muss ich schon genug und das ist extrem anstrengend. Erst vor wenigen Tagen artete ein Mittagessen bei einer Freundin zu einer Art Streit aus. Beim Essen sollte man nicht über Politik sprechen. Kuba polarisiert weltweit, es gibt jene, die Fidel und das sozialistische System hassen und jene, die beides schätzen wie zum Beispiel Franco Cavalli, Jean Ziegler, Noam Chomsky, Diego Maradona und der Winterthurer Mark Kuster, der das Hilfswerk «Camaquito» auf Kuba leitet.

Was musste ich in den letzten Tagen nicht alles über mich ergehen lassen: Kaum Spanisch sprechende Miami-Kubaner, die den Tod Fidels bejubeln, Hohn, Spott und Boshaftigkeit. Suffisant lächelnde und besser wissend anmutende Nachrichtenmoderatoren. Ekelhaft die Untertöne in der Berichterstattung. Bemerkungen wie «Die Kubaner werden gezwungen zu weinen und Fähnchen zu schwenken an den neun staatlich angeordneten Trauertagen». Ich habe noch kein emanzipierteres Volk in Lateinamerika kennengelernt als das kubanische. Wer lesen und schreiben kann und gebildet ist, lässt sich nichts vorschreiben.

Auch der Kuba-Korrespondent des Zürcher «Tagesanzeigers» Niels Walter alias Oscar Alba verfasste wieder einige Artikel. Ein gehässiger Unterton fehlt nie. Dass sich Walter hinter dem Pseudonym Oscar Alba versteckt, weiss ich schon lange. Keine Ahnung, weshalb er sich nicht Anton Müller oder Felix Pfister nennt. Nicht genug mit dem Pseudonym; Oscar Alba suggeriert dazu noch einen Schreiber, der aus anderen Gefilden kommt. Am 26. November 2016 wurde Niels Walter alias Oscar Alba im Echo der Zeit auf SRF 1 interviewt. Die Stimme wurde nicht verfälscht, deshalb sehe ich es an der Zeit, nicht mehr zu schweigen. Walter sagt, für ihn sei Kuba seine zweite Heimat. Für mich auch. Und doch könnte seine und meine Sicht Kubas nicht verschiedener voneinander sein.

Auf Radio Stadtfilter wurde Manuela Aguilera, der neue kubanische Botschafter in Bern, interviewt. Aguilera meinte: «Die meisten Kubaner auf Kuba bedauern Fidels Ableben sehr.» Niemand behauptet, dass Fidel von ALLEN Kubanerinnen und Kubanern auf Kuba geschätzt wird. Aber eben, von vielen schon. Es ist zu hoffen, dass Fidels Ableben Ansporn ist, das zu erhalten und für das einzustehen, was der Comandante en Jefe zusammen mit seinem Volk geschaffen hat.

 


Rosmarie Schoop,
12.12.2016, 115. Jahrgang, Nr. 347.

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Standpunkte:

2.1.2017, 21:17 Uhr.

Samuel Wanitsch schrieb:

Und noch dies, Frau Stein: Im Zusammenhang mit Kuba aber auch noch von nationalsozialistischer Diktatur zu sprechen, ist schlicht eine Ungeheuerlichkeit. Sie verharmlosen mit dem Hitler-Vergleich nicht nur den wieder heftig aufkeimenden, real existierenden Faschismus in Ihrem offensichtlich hochgeschätzten Kapitalismus. Sie verunglimpfen damit auch noch die Würde anderer Völker, die mit kubanischer – internationalistischer! – Hilfe für ihre Befreiung kämpften. Dass Nelson Mandela als erstes Fidel Castro danken ging, für die Hilfe zur Befreiung von der Apartheid, wird logischerweise von Ihren sogenannt freien Medien unterschlagen …


2.1.2017, 21:16 Uhr.

Samuel Wanitsch schrieb:

Zu schade, Frau Stein, dass es Ihnen nicht möglich ist, ein bisschen Empathie zu entwickeln und wirklich auf den Inhalt des Artikels einzugehen. Stattdessen bezeichnen Sie als «unbequeme Wahrheiten» was seit Jahr und Tag – seit das kubanische Volk den Diktator Batista und seine Schergen von der Insel vertrieb – als Clichés und Feindbilder von der Mafia in Miami und von der CIA medial gestreut wird. Belegen können Sie kein einziges der angeblichen Verbrechen von Fidel. Eines ist offensichtlich, von der kubanischen Revolution und von echtem Sozialismus haben Sie keine Ahnung.


20.12.2016, 23:46 Uhr.

Gaby Stein schrieb:

Trotzdem stellt sich die Frage, weshalb Sie Castro verehren & weshalb sie ihm seine Verbrechen nachsehen. Auch weshalb Sie und Leute wie Jean Ziegler nicht in dem Kuba leben wollten in welchem Ihr rassistischer Commandante bestimmt hatte, welche Informationen Sie zu bekommen hatten, und dass es für Kubaner keine Reisefreiheit & kein Internet gab. Ich finde echten Sozialismus erstrebenswert, lehne jedoch eine Nationalsozialistische Diktatur wie die des Castro Regimes ab. Würden Sie die Kubaner als Menschen wirklich lieben, die unter Castro so viel gelitten haben, dann könnten Sie sich diesem Diktator nicht so zu Füssen werfen. Auch das ist ekelhaft.


20.12.2016, 23:32 Uhr.

Gaby Stein schrieb:

Frau Schoop, auch wenn ich Castro viel kritischer als Sie sehe, verspüre ich keinen Hohn und keine Schadenfreude. Ich empfinde mit Ihnen eher Bedauern, wegen dem Mangel an Ehrlichkeit und Auftrichtigkeit. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit von Menschen erkennen wir daran, wie sie mit unbequemen Wahrheiten umgehen. Der Schaden, den Castro angerichtet hat und seine Verbrechen sind immens. Dass Castro es am Anfang gut gemeint hat, und dass er das Volk hinter sich hatte, relativiert keines seiner Verbrechen. Für diejenigen die sich auf der guten Seite glauben, rechtfertigt der Zweck alle Mittel. Es gibt auch Menschen die Hitler bewundern, weil er auch «Gutes» getan hat.


13.12.2016, 21:16 Uhr.

Veronika Herzig schrieb:

Auch ich habe es aufgegeben, mit sich als informiert und «aufgeklärt» empfindenden
Mitmenschen über Fidel und die cubanische Revolution, beziehungsweise die aktuellen Verhältnisse in Cuba zu diskutieren. Die «Anderen» fühlen sich im Recht: Die westlichen Mainstream-Medien kolportieren ja genau dieses Zerrbild von Cuba, das sie so vehement vertreten. Mittlerweile war ich sieben Mal in Cuba, habe auch dort gearbeitet, bei Cubanern gewohnt. Offenbar kenne ich eine andere Insel als die omnipräsenten – und oft gut honorierten – Cuba-Kritiker. Von ihnen trennen mich Welten. Damit muss und kann ich leben. Mit Rosmarie Schoop und Millionen – klar doch! – Fidelistas in Europa,vor allem aber in Lateinamerika und Afrika, sage ich: Hasta siempre, Comandante! Un mundo mejor es posible: Eine bessere Welt ist möglich.


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