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«Wandzeitung» vom 30.6.2014:

Die Sozialhilfe treibt auch Winterthur in die Enge:

SVP marschiert wieder voraus.

Winterthur muss sparen und tut dies mit Lohnkürzungen beim städtischen Personal und Steuererhöhungen. Dasselbe Szenario hat die Stadt schon vor zehn Jahren durchgespielt. Was diesmal hellhörig macht, ist die Begründung des Stadtrats für die desolate finanzielle Situation: Es sind unter anderem die steigenden Sozialhilfekosten, welche die städtische Rechnung stark belasten. Die Stadt kann auf diese Ausgaben keinen Einfluss nehmen. Wer sich in einer Gemeinde niederlässt, hat im Bedarfsfall Anspruch auf Unterstützung, und Städte sind tendenziell attraktiv für Sozialhilfebeziehende, unter anderem wegen der Anonymität.

Auch der Kanton anerkenne, dass Winterthur durch die unablässig steigenden Sozialhilfekosten in die Enge getrieben werde, sagte Stadtpräsident Michael Künzle dieser Tage vor den Medien. Die Verteilung der Sozialkosten müssten neu geregelt werden, fordert er. Winterthur geht es wie vielen andern Städten, die über unberechenbar steigende oder schwankende Sozialhilfeausgaben klagen. Arbon im Kanton Thurgau beispielsweise, dessen Sozialkosten 2013 sprungartig um ein Drittel auf gut 4 Millionen Franken gestiegen sind. Die SVP-Forderung nach einem Austritt der Stadt aus der schweizerischen Sozialhilfekonferenz, Skos, war im Arboner Stadtparlament zwar chancenlos. Andere Gemeinden haben den Schritt aber vollzogen: die Nachbarsgemeinde Romanshorn, Rorschach SG, die Aargauer Gemeinden Berikon und Schafisheim sowie die Zürcher Gemeinden Dübendorf und Oberglatt. In Winterthur ist der Austritt aus dem Fachverband, dessen Richtlinien für die Sozialhilfe schweizweit gelten, derzeit kein Thema.

Es sind zwar wenige Gemeinden ausgetreten, gemessen an der Anzahl Skos-Mitglieder. Zudem bringt ihnen ein Austritt finanziell nichts, das kantonale Gesetz schreibt die Sozialhilfepolitik weiterhin vor. Wenn sich Gemeinden aus der Skos verabschieden, ist das vielmehr ein symbolischer Schritt. Trotzdem, oder gerade deshalb, sollte sich die eidgenössische Politik dem Problem annehmen. Bisher hat das leider einzig die SVP erkannt. Sie hat eine interne Arbeitsgruppe Sozialhilfe mit Kantonsvertretern und eidgenössischen Parlamentariern zusammengestellt. Diese feilen seit einigen Monaten an Konzepten für die künftige Sozialhilfe in der Schweiz. Der Tenor der SVP lautet: Die Gemeinden müssen freier sein bei der Vergabe der Sozialhilfe. Was am Ende nichts anderes heisst als: Willkür muss im Einzelfall erlaubt sein.

Andere Parteien zeigen bis jetzt kein Interesse am Thema. Damit wird die SVP einmal mehr die Themenführerschaft haben, wenn sie dereinst eine konzertierte Aktion gegen das Sozialhilfesystem lancieren wird. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sollen noch in diesem Jahr vorliegen, sie wären ein passender Kampagnenstart ins eidgenössische Wahljahr 2015. Die übrigen Parteien werden sich mangels Alternativkonzepte hilflos darauf beschränken müssen, den Status quo gutzureden. Immerhin: Die Skos selber hat die Signale gehört. Sie hat kürzlich zwei Studien in Auftrag gegeben, um mehr über die Wechselwirkungen von Angebot und Nachfrage bei Sozialleistungen zu erfahren.


Claudia Blumer,
30.6.2014, 113. Jahrgang, Nr. 25.

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