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«Wandzeitung» vom 17.2.2016:

Der Zorn eines alten Mannes?

Dieses Land.

Mir fällt auf, dass Bundesräte, Politiker in Statements, oft die Formulierung: «in diesem Land» verwenden. Ist die Schweiz nicht ihr Land? Warum sagen sie nicht einfach «in unserem Land?» Politisieren und regieren sie «in diesem Land», weil es nicht unser Land ist, sondern die Schweiz AG? Meinen sie mit «diesem Land» das Land mit den Lobbyisten in Bern und anderswo, das Land der Banken, der Konzernchefs, der Superreichen, die massgeblich ihre eigene Interessenpolitik verfolgen und diese auch durchsetzen. 120 von 246 ParlamentarierInnen gehören zur Lobbygruppe «Handel&Industrie». Es gibt noch viele Gruppen, wie zum Beispiel die Waffenlobby. Offensichtlich bestimmt die Wirtschaft die Politik und nicht umgekehrt. Ein aktuelles Beispiel ist die Bankkundengeheimnis-Initiative (BKG-I) Bas BKG soll in der Verfassung verankert werden. Bei dessen Annahme würde der Kampf gegen Steuersünder massiv erschwert. Schätzungen zufolge werden in der Schweiz jährlich fünf bis zehn Milliarden Franken Steuern hinterzogen. Stünden diese Milliarden dem Staat zur Verfügung, gäbe es mehr Mittel zu Gunsten der Schwächsten. Da stellt sich die Frage, warum wählen Menschen, auf der Schattenseite des Lebens Politiker, welche nicht ihre Interessen, sondern diejenigen der Grosskonzerne und der Gutbetuchten vertreten. Sie wählen Politiker, die für soziale Themen wenig Gehör haben. Zwei von vielen möglichen Antworten: Sie bleiben der Urne fern, weil sie die Hoffnung auf Veränderungen verloren haben oder sie ereifern sich über völlig nebensächliche Dinge, wie die Minarettverbots-Initiative. Eine clevere Methode, um von wahren Problemen abzulenken. Ein Bild sagt mehr als viele Worte: Die einen essen das Kotelett, die andern nagen am Knochen. Man gaukelt ihnen vor, der Knochen sei das Kotelett.

In einem CVP-Positionspapier ist nachzulesen: «Es bedarf wohl keiner besonderen Begründung dafür, dass eine C-Partei die Bedürfnisse der Schwächeren in der Gesellschaft ein besonderes Anliegen sein müssen. Die Stärkeren vermögen sich auch ohne Mithilfe des «C» durchzusetzen». Damit kommt eine Mitgliedschaft im Initiativ-Komitee der BKG-I nicht infrage, wäre die logische Schlussfolgerung. Weit gefehlt! Der künftige CVP-Präsident, Nationalrat Gerhard Pfister, ist Mitglied des Initiativ-Komitees. Mein Zorn über dieses Verhalten ist gewiss. Ungemach für unser Land wird auch die Unternehmenssteuerreform III bringen. Die Mindereinnahmen werden auf 1,3 Milliarden geschätzt. Auch hier ist zu befürchten, dass die Lobbyisten mit Angstszenarien erfolgreich sein werden.

Früher dachte ich, das Alter mache mich milde und nachsichtig. Bei politischen Fragen ist das Gegenteil eingetreten. Die «Wandzeitung» ermöglicht eine weiterführende Diskussion. Unser Land darf stolz sein auf eine zukunftsgerichtete Verfassung mit der Präambel «... dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen.» Es ist anzunehmen, dass die Lobbyisten und ihnen hörige Politiker einer anderen Verfassung nachleben, etwa «dass die Stärke in diesem Land sich misst am Wohl der Gutbetuchten und Konzerne.» Was ist zu tun, damit der Zorn eines alten Mannes zu konkreten Taten führt?


Haymo Empl,
17.2.2016, 115. Jahrgang, Nr. 48.

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