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«Wandzeitung» vom 30.10.2016:

Die Gewinne für wenige, zahlen viele mit der Steuerrechnung:

Und es hat doch miteinander zu tun ...

«Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.» Mit diesem Satz versuchen politische Entscheider zu rechtfertigen, wenn sie mit der rechten Hand Geld ausgeben, das sie mit der linken wieder einsparen müssen. In den Augen vieler Entscheider hat es zum Beispiel nichts miteinander zu tun, dass unsere Schulkinder auf der Marktgasse selbstgebackenen Kuchen verkaufen, um sich auf der Schulreise den Sessellift leisten zu können, während die Steuerzahler über 80 Millionen für ein neues Polizeigebäude investieren sollen. Es hat auch nichts miteinander zu tun, dass die Krankenkassenprämie für Kinder steigt, während immer mehr Entscheider mit der Privatisierung von Spitälern wie dem KSW Geld verdienen wollen. Und es scheint für sie schon gar nichts miteinander zu tun zu haben, dass die Gebühren für den Service public zunehmen, während Unternehmen in Zukunft noch weniger Steuern bezahlen sollen.

Das eine soll mit dem anderen nichts zu tun haben. Zwei Beispiele jüngsten Datums lassen aber aufhorchen: Erstens, das Resultat der Wärmering-Affäre. Der Gewinn dieser Affäre ist nicht, wie ihn viele Entscheider seit Wochen anpreisen, der Rücktritt eines überforderten, grünen Stadtrates. Der Gewinn ist die quasi-Rückführung der Cashcow Stadtwerk unter die Kontrolle der Bürger. Nachdem die Stadtwerker sich gebärdet hatten, als wäre die lukrative Energieversorgung ihre Privatfirma – und das lange bevor das Volk in die geplante Verselbständigung einwilligen konnte –, ist das Going Private nun wohl für Jahre vom Tisch. Der Verlust wiederum wird von vielen Entscheidern unter den Teppich gekehrt, weil er ihnen willkommen ungrün ist: Sinvolle Projekte mit erneuerbaren Energien wurden sistiert oder werden leider seltener auf den Tisch kommen, weil das kreative Buchhalten des Städtischen Energieversorgers das Vertrauen der Bürger angekratzt hat.

Zweitens der Deal der Hahnloser-Jäggli-Stiftung mit dem Kunstmuseum Bern: Seit Jahren liegt ein Kunstschatz in der Villa Flora brach, weil sich Stadt und Kanton schwer tun, einen Ausbau an die Hand zu nehmen. Der Stadtpräsident gibt sich optimistisch, dass die Sammlung aus Bern zurückkommt, wenn der zusätzliche Platz in der Villa dereinst teuer geschaffen wird. Womöglich werden Entscheider bald eingestehen: Wenn in europäischen Weltstädten Hunderttausende, in Bern vielleicht Zehntausende und in Winterthur eben nur Tausende jährlich die Sammlung betrachten, dann bekommt das eine eben doch mit dem anderen zu tun.

Winterthurer können ihre Kinder zwar weiter Kuchen backen lassen, um die Schulreise mitzufinanzieren. Aber sie können nicht mehrere hoch dotierte Kunstsammlungen aus der Steuerkasse mitfinanzieren. Reiche Mäzene, die das selbstlos übernehmen, scheint es kaum mehr zu geben. Lieber investieren Vermögende ihr Geld dort, wo allein für sie etwas rausspringt: in den fürs Gewerbe lukrativen Bau eines überdimensionierten Polizeigebäudes oder in eine auch für Aktionäre attraktive, privatisierte Gesundheits- oder Energieversorgungsindustrie. Mit uns Durchschnittsbürgern hat dies sehr wohl etwas zu tun: Die Gewinne, die für wenige rausspringen, zahlen viele mit der Steuerrechnung, steigenden Prämien und jährlich neuen, zusätzlichen Gebühren.


Thomas Möckli,
30.10.2016, 115. Jahrgang, Nr. 304.

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