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«Wandzeitung» vom 5.4.2017:

Dialog zwischen einem Arbeitgeber und mir, Teil 3:

Was ist ein schlechter Berater?

«Wir haben in dieser Wandzeitung bereits am 5. und am 23. März diskutiert. Unser letztes Gespräch endete mit der Frage, ob es im Beratermarkt ein Loyalitätsbewusstsein gibt.» – «Ich selber stelle mir die Frage: Was bringt mich denn dazu, andere zu beraten? Ist es ein Gefühl der Überlegenheit oder das Gefühl, Verantwortung übernehmen zu müssen? Ist es das Gefühl, belehren zu müssen oder das Bedürfnis zu herrschen? Alles das kann es sein.» – «Als Arbeitgeber will ich mal annehmen, dass Menschen nur dann im eigentlichen Sinn als Berater tätig werden, wenn ich ihren Rat erbete oder anfordern will.« – «Oft wird geraten, wo es nicht erbeten oder auch nur erwünscht wäre. Mein Ziel ist es nicht, eine in der Persönlichkeit oder im sozialen System begründete Struktur zu sanieren. Beratung ist keine therapeutische Angelegenheit, sondern eine Unterart des Coachings oder der Supervision. Wenn ich diese drei sorgfältig unterscheide, ist mir die Loyalität stets bewusst. Da kann ich die Grenzen rechtzeitig ziehen, wenn ich merke zum Agenten zu werden.» – «Dann ist es vielleicht besser über Fehlformen des Beraters zu sprechen?» – «Du hast im ersten Gespräch betont, dass ein Berater dem Beratenen menschlich überlegen sein soll, dass er also gerade nicht das Gefühl der Überlegenheit auslebt. Da ist als erster der ungefragte Berater zu nennen. Er bringt sich in die Rolle des Erwachsenen-Ego, um den Beratenen in das Kind zu zwingen. Ein altes Sprichwort sagt, dass Ratschläge dieser Art auch Schläge sind. Gehorcht der Beratene nicht, wird er des Ungehorsams, der Sturheit oder gar der Undankbarkeit bezichtigt. Leider ist die Welt dicht besiedelt mit Beratern dieses Typs, beratend zu wissen, was einem Menschen nützt.« – «Hui, da sprichst du eine völlige Umkehrung des gewohnten Loyalitätsbewusstseins an. Du gehst von der menschlichen Überlegenheit aus, nicht in diese Berater-Falle zu treten.» – «Genau. Deshalb brauche ich ein Instrument, das mich davon abhält. Ich habe dazu mein eigenes geschaffen. Aber bleiben wir bei deiner Frage nach den Fehlformen des Beraters. Da ist als zweiter der Berater als Manipulator zu nennen. Er will einen Menschen dazu bringen, etwas zu tun, was ihm nicht nützt, sondern einem anderen, sei es eine Person oder ein soziales System. Solches Beraten kann viele Gründe haben: Der Berater kann ein nackter Egoist sein. Er kann einem System dienen, um ausschliesslich seinen eigenen Nutzen zu befriedigen. Das nenne ich einen Systemagenten. Systemagenten sind bekanntlich Menschen, die mehr oder weniger verkappt, stets ihren eigenen egoistischen Nutzen suchen. Dafür wählt der egoistische Berater immer eine Position, die weniger dem Ratsuchenden als vielmehr dem Ratenden dient. Reifes menschliches Leben spielt aber immer in einem Spannungsfeld, das beiden nützt. Der Dienstleister hat das Recht für seine Arbeit richtig bezahlt zu werden, sofern er den Ratsuchenden nicht manipuliert.» – «Kennst du noch weitere Fehlverhalten im Beratertum?» – «Gewiss, im nächsten Dialog.»


Heiner Dübi,
5.4.2017, 116. Jahrgang, Nr. 95.

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