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«Wandzeitung» vom 8.8.2017:

ein altes rathaus:

verpasste gelegenheit.

eine außerordentliche gemeindeversammlung war anberaumt worden. es ging darum, einen kaufvertrag abzusegnen. ich ging hin. ich hatte mich zwar im voraus nicht mit den einzelheiten vertraut machen können, aber ich dachte, ich könne mir dann im verlauf der diskussion eine meinung machen. das war ein irrtum. die einstigen gegner des verkaufs waren gar nicht erschienen oder verhielten sich still, sei es, weil sie sich unterdessen hatten umstimmen lassen oder weil sie einsahen, dass widerstand erfolglos sei. es gab daher nur zustimmende voten. zuletzt wurde die vorlage ohne gegenstimmen angenommen. auch ich hielt meine hand hoch.

nun ärgere ich mich. vor allem ärgere ich mich über das einstimmige resultat, zu dem ich selber beigetragen habe. einige tage lang dachte darüber nach. aber nun war’s zu spät. der beschluss war gefasst. ich hätte sagen sollen: «liebi mitbürgerinnen und mitbürger! was öis da vom gmeindraat vorgläid wird, isch e käi schlächti löösig. dè umstritteni verchauf an e korporazioon vo iihäimische gwèrbler nach dem jaarelange hin und hèèr chunt zum en abschluss. d chöifer verspräched, dass das huus erhalte wird und im dienscht vo der öffentlichkeit bliibt. ich chan also allne empfele, dère vorlaag zuezstime. und de chöiferschaft isch für iren iisatz vo gäld und wile au miin dank gschuldet. ich wott aber daa säge, warum dass ich sälber näi stime: die vorlaag isch nur di zwäitbescht löösig. au iez na bin ich de mäinig, d gmäind hett das huus sele i den äigne händ bhalte. die chöschte für d erhaltig und de wiiteri betriib hett mer sich sele läischte. wo vor hunderte vo jaare d mane vo dère gmäind das huus boue händ – d fraue händ doo na nüüt dezue z säge ghaa, aber ooni d fraue isch es au doo nöd gange – und das waarzäiche vom stolz uf ires gmäinwese uufgstelt händ, do händ s es vil gröößers opfer bracht, als vo öis iez gforderet wèèr. näi, e sones huus sett mer nöd verschèèrbele. allerdings nach dem, was ich hüt zaabig daa ghöört han, isch de verchauf chuum mee uufzhalte. aber das sell nöd ooni gägestimm passiere. drum stimm ich degäge.»

es versteht sich: auch die gemeinde müsste für ein solches haus ein konzept vorlegen, wie es mit leben erfüllt werden könnte. sonst bliebe es als leeres baudenkmal stehen, und das kann’s ja nicht sein. in einer anderen gemeinde unserer umgebung, lese ich heute im landboten (10.7.), wurde eine historische mühle im ortskern gekauft. noch fehlt ein klares konzept, was damit geschehen soll. nun wird eine kommission gebildet. sie wird vorschläge zur kulturellen belebung des hauses entgegennehmen und sichten. offenbar mangelt es nicht an beiträgen. «die ideenmühle ist ein großer erfolg», titelt der landbote.

man kann nun einwenden, die menschen ließen sich heutzutage nicht aus ihren wohnzimmern heraus und von der mattscheibe weglocken, der trend sei eindeutig. da darf die frage erlaubt sein: was war zuerst? wo liegt die ursache? ich denke, vermehrt seien orte der begegnung gefragt. sonst werden die dörfer zu schlafsiedlungen.

 


Alfred Vogel,
8.8.2017, 116. Jahrgang, Nr. 220.

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