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«Wandzeitung» vom 18.9.2016:

Alltägliches:

Veränderungen.

Nach 16 Jahren an der gleichen Strasse ist Schluss. Ich habe dort gewohnt, gearbeitet, gelacht, geflucht, geliebt und gelebt. Meine Jungs haben dort ihre Jugend verbracht. Mit dem Fluss der Zeit ist alles anders geworden. Ich habe mich angepasst und versucht, das Beste aus allem zu machen. Habe geschluckt, Einschränkungen und Kündigungen akzeptiert. Nun ist ein Neuanfang anderswo klar. Zurück bleiben die guten Erinnerungen. Verbitterung hat keinen Platz, höchstens etwas Wehmut und die Neugierde, was als nächstes kommt. Das meiste ist Ungewiss, was mich etwas verunsichert.

Mein Sohn, hat seine LAP mit Attest geschafft und konnte in seinem Traumjob Recyclist eine Festanstellung erreichen. Das macht uns alle stolz. Eine weitere Hürde ist geschafft. Nun übt er sich in externem Wohnen. Die passende Form muss noch gefunden werden. Ich bin froh und dankbar, dass er einen inneren Drang hat, selber voranzugehen und seinen Weg zu suchen. Lange Jahre musste ich ihn schubsen, damit er sich weiterentwickelte. Er war zufrieden mit sich und seinem beschränkten Radius. Nun schreitet er aus diesem heraus und will mehr. Das ist für mich eine Bestätigung für meine Bemühungen. Viele fragen mich, ob ich Mühe hätte ihn los zu lassen. Aber das ist nicht so. Wenn er glücklich ist, bin ich es auch. Wenn er seine «Freiheit» sucht, habe ich diese ebenfalls. Es gibt noch genug Schnittpunkte zwischen uns. Als Beiständin werde ich noch ab und an etwas für ihn regeln dürfen. Das Projekt «Sterilisation» geht in eine neue Phase über und bereitet weiterhin Kopfschmerzen. Leider geht die Angst aus den Fehlern der Vergangenheit beim Kesb über den gesunden Menschenverstand hinaus. Es wird viel Energie und Geld kosten.

Bei meiner Jobsuche läuft es harzig. Die Arbeitslosigkeit hat mich voll in der Zange. Mit knapp 48 Jahren bin ich für viele schon zu alt. Erfahrungswerte zählen immer noch weniger als Diplome. Meine Tage schwanken zwischen Zuversicht und Ernüchterung. Die Treffen mit dem RAV sind nett und eine moralische Unterstützung. Der Sachbearbeiter ist engagiert, stösst aber auch bei der Wirtschaftslage an seine Grenzen. Ich will mich über die Arbeitswelt in der Schweiz nicht beklagen, aber in den Staaten ist der Bürger bis ins hohe Alter bei der Arbeit willkommen. Eigentlich ist es eine Diskriminierung. Wäre generell jeder seinen Begabungen entsprechend am richtigen Ort, gäbe es viel mehr Freude im Leben. Auch würde das der Gesundheit nicht schaden, im Gegenteil. Die positive Energie von Glück überträgt sich ja direkt auf den Körper. Und dies wirkt sich ja auch aufs Privatleben aus. Es ist schon seltsam, dass wir die von uns geschaffenen Systeme nicht überdenken. Wir haben uns vieles so ungemein ungesund eingerichtet. Es beginnt ja schon beim Lernsystem. Würden alle die Entwicklung des Gehirns begreifen, könnte man so viel in den Alltag übertragen: den Umgang mit dem Kleinkind, die Eingliederung ins Lernsystem, Schulzeiten, die Berufswahl zum richtigen Reifegrad, der Platz in der Arbeitswelt.

Alles scheint so schwierig. Dabei sind wir so unwissend. Bildung muss für alle zugänglich sein. Jetzt.


Momo Appenzeller,
18.9.2016, 115. Jahrgang, Nr. 262.

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